Hamburg, 14.06.2018. Ein Drittel der erwachsenen Internetnutzer (31 %) nutzt soziale Medien wie Facebook, WhatsApp oder YouTube als Quelle für Nachrichten. Doch nur für 7 Prozent ist es die wichtigste Quelle, für knapp 2 Prozent die einzige. Lediglich 18 Prozent vertrauen Nachrichten aus den sozialen Medien. Dies sind Ergebnisse des Reuters Institute Digital News Reports, dessen deutsche Teilstudie vom Hans-Bredow-Institut erarbeitet wurde. Insgesamt basiert die Studie 2018 auf 74.194 Befragten aus 37 Ländern.
Mix von traditionellen und neuen Medien
Die Deutschen setzen auf einen Mix aus traditionellen und neuen Medien, um sich über das Weltgeschehen zu informieren. Drei von vier erwachsenen Onlinern sehen sich mehrmals wöchentlich Nachrichten im Fernsehen an (74 %), 45 Prozent hören Nachrichten im Radio. Online-Nachrichten werden von 65 Prozent der Internetnutzer im Alter über 18 Jahren mehrmals pro Woche abgerufen.
Gedruckte Zeitungen weisen gegenüber 2017 einen Anstieg in Höhe von 4 Prozentpunkten auf und erreichen 2018 30 Prozent der erwachsenen Onliner. Auch die Online-Ausgaben von Zeitungen (25 %) und von Zeitschriften (29 %) haben jeweils Anteile in Höhe von 3 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr dazugewonnen.
Fernsehen bleibt wichtigste Nachrichtenquelle, Internet gewinnt an Bedeutung
Das Fernsehen ist nicht nur die am weitesten verbreitete Quelle für Nachrichten, sondern es ist für einen Großteil der Onliner auch die wichtigste Quelle (49 %). Jeder Dritte gibt das Internet als Haupt-Nachrichtenquelle (32 %) an; unter den 18- bis 24-Jährigen sind es 59 Prozent. Allerdings stehen auch für die jüngste Gruppe der Befragten traditionelle journalistisch-redaktionell betreute Angebote bei der Nachrichtennutzung im Internet im Vordergrund.
Direkter Zugriff auf bekannte Medienmarken am verbreitetsten
Der direkte Zugriff auf die Webseite bzw. die App eines spezifischen Nachrichtenangebots ist in allen Altersgruppen der am weitesten verbreitete (36 %) und auch der am häufigsten genutzte Zugangsweg (35 %). Die Nachrichtenmarke stellt dementsprechend für junge und für ältere Nutzer weiterhin ein ausschlaggebendes Kriterium für den Zugang zu Nachrichten dar. Bei den jüngeren Onlinern sind ergänzend aber auch algorithmenbasierte Möglichkeiten für das Auffinden von Nachrichten, insbesondere soziale Medien, relevant.
Überwiegend Vertrauen in die Medien
Jeder zweite erwachsene Onliner in Deutschland vertraut dem Großteil der Nachrichten (50 %). Den Nachrichten, die man selbst nutzt, vertrauen 60 Prozent. Die höchsten Vertrauenswerte entfallen auf die Hauptnachrichtensendungen der beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme und auf regionale Tageszeitungen.
Mehr als ein Drittel besorgt über „Fake News“
37 Prozent der deutschen Onliner sind besorgt über „Fake News“ im Internet und haben Bedenken, dass sie Fakten nicht von Falschmeldungen unterscheiden können. Bedenken gibt es sowohl in Bezug auf Berichte, in denen Tatsachen verdreht oder verfälscht werden, als auch hinsichtlich schlechter journalistischer Leistungen, wie sachliche Fehler, starke Vereinfachung oder irreführende Überschriften. Im internationalen Vergleich zeigte sich mehr als die Hälfte aller Befragten sehr oder extrem besorgt über „Fake News“. Am höchsten ist die Zahl in Brasilien (85 %), Spanien (69 %) und den USA (64 %), in denen eine polarisierte politische Öffentlichkeit mit einer hohen Nutzung sozialer Medien einhergeht. Am geringsten ist die Sorge in den Niederlanden (30 %).
Interesse der Deutschen am aktuellen Weltgeschehen ist groß
95 Prozent der erwachsenen Onliner in Deutschland informieren sich mindestens mehrmals pro Woche über das aktuelle Weltgeschehen im Fernsehen, im Radio, in gedruckten Zeitungen und Zeitschriften oder im Internet. Insgesamt 70 Prozent äußern zudem ein überaus oder sehr hohes Interesse an Nachrichteninhalten. Beide Werte bewegen sich auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr 2017. Ein explizites Interesse an Nachrichten zur Politik äußern 54 Prozent der Befragten, und 32 Prozent sind einigermaßen an diesem Thema interessiert. Lediglich 14 Prozent sind nicht an politischen Nachrichten interessiert.
Interesse an Videonachrichten gering
60 Prozent sagen, dass sie Nachrichten meist in schriftlicher Form lesen und sich höchstens gelegentlich ein Video online ansehen. Umgekehrt nutzen nur 8 Prozent nachrichtliche Inhalte im Internet meist als Video und nur gelegentlich als Text. 11 Prozent möchten in der Zukunft gern mehr Nachrichtenvideos sehen; jeder Vierte wünscht sich jedoch weniger Nachrichtenvideos im Internet (24 %).
Smartphone zum Abrufen von Nachrichten immer wichtiger
Zum Abrufen von Online-Nachrichten verwenden die meisten erwachsenen Internetnutzer einen Laptop oder PC (55 %). Der Vorsprung dieser Geräte gegenüber dem Smartphone (47 %) schmilzt jedoch von Jahr zu Jahr. In den Altersgruppen unter 45 Jahren überwiegt bereits der Einsatz des Smartphones.
Aktive Beteiligung an der Nachrichtenberichterstattung vor allem an den politischen Rändern
Der Großteil der Nachrichtennutzer beteiligt sich nicht aktiv an der Nachrichtenberichterstattung im Internet. 10 Prozent der erwachsenen Onliner kommentieren Artikel in sozialen Medien und 6 Prozent direkt auf den Seiten von Nachrichtenanbietern. Besonders aktiv sind Nutzer, die sich selbst dem äußeren linken oder rechten Spektrum zuordnen und/oder der Nachrichtenberichterstattung nicht vertrauen.
18- bis 24-Jährige besitzen höhere Medienkompetenz
Um die Medienkompetenz der Befragten einschätzen zu können, wurden je eine Frage aus dem Bereich zur Finanzierung von Nachrichtenquellen, zu Pressemitteilungen und der Nachrichtenauswahl auf Facebook gestellt. Nur 12 Prozent aller Onliner konnten alle Fragen richtig beantworten. Die meisten richtigen Antworten gab es in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen.
Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten steigt langsam
Die Bereitschaft, für Online-Nachrichten in der Zukunft Geld auszugeben, ist in allen Altersgruppen leicht gestiegen und bewegt sich zwischen 16 und 21 Prozent.
Informationen zur Studie
Seit 2012 untersucht der Reuters Institute Digital News Survey jährlich über Repräsentativbefragungen in mittlerweile 37 Ländern generelle Trends und nationale Besonderheiten der Nachrichtennutzung. Welche Arten von Nachrichten sind von Interesse; welche Geräte und Wege werden genutzt, um diese zu finden; welchen Anbietern wird vertraut und welche Standpunkte vertreten Menschen hinsichtlich der Finanzierung von Journalismus?
Die Studie 2018 wurde unter Koordination des in Oxford (UK) ansässigen Reuters Institute for the Study of Journalism zeitgleich in folgenden Ländern realisiert: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien (urbane Regionen), Bulgarien, Chile, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Hongkong, Irland, Italien, Japan, Kanada, Kroatien, Malaysia, Mexiko (urbane Regionen), Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Singapur, Slowakei, Spanien, Südkorea, Taiwan, Tschechien, Türkei (urbane Regionen), Ungarn und in den USA. Pro Land wurden 2018 rund 2.000 Personen befragt. Insgesamt basiert die Studie 2018 auf 74.194 Befragten aus 37 Ländern. Die Feldarbeit wurde zwischen dem 19. und 22. Januar 2018 vom Umfrageinstitut YouGov durchgeführt.
Das Hans-Bredow-Institut ist seit 2013 als Kooperationspartner für die deutsche Teilstudie verantwortlich; die Erhebung im Jahr 2018 wurde dabei von den Landesmedienanstalten und dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) unterstützt.
Der vollständige Bericht mit allen internationalen Befunden wird am 14. Juni 2018 in London, New York und Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt und dann auch über die Website des Hans-Bredow-Instituts verfügbar gemacht.
Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier:
http://www.digitalnewsreport.org/ (Englisch) und auf der
Projektseite des Hans-Bredow-Instituts (Deutsch)
Kontakt
Dr. Sascha Hölig, Tel. 040 450 217 84,
E-Mail
Information zum Reuters Institute for the Study of Journalism
Das Institut wurde 2006 von der Thomson Reuters Foundation gegründet; es ist angesiedelt am Department of Politics and International Relations an der University of Oxford. Das Institut ist ein international aktives Forschungszentrum für vergleichende Journalismusforschung, das in seiner Forschung eine globale Perspektive verfolgt und Forschern unterschiedlichster Disziplinen ein Forum bietet, um mit Journalisten aus aller Welt zusammenzukommen. Mehr unter
http://reuters institute.politics.ox.ac.uk/
Information zum Hans-Bredow-Institut
Das Hans-Bredow-Institut erforscht den Medienwandel und die damit verbundenen strukturellen Veränderungen öffentlicher Kommunikation. Medienübergreifend, interdisziplinär und unabhängig verbindet es Grundlagenwissenschaft und Transferforschung und schafft so problemrelevantes Wissen für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Im Jahr 2019 wird das Institut voraussichtlich in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen. Einen entsprechenden Beschluss hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) am 13. April 2018 gefasst. Mehr unter
www.hans-bredow-institut.de.