BredowCast Nr. 94: Tschüss, Johanna, mach’s gut! Kristina Kobrow: Herzlich willkommen beim BredowCast, dem Podcast des Leibniz-Instituts für Medienforschung, Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Dies ist keine KI-generierte Stimme von Johanna Sebauer, die den Podcast bisher produziert hat. Mein Name ist Kristina Kobrow, und ich darf ab heute durch diesen Podcast führen. Johanna ist aber auch da, heute als mein Gesprächsgast. Hallo Johanna, schön, dass du da bist. Johanna Sebauer: Hallo Kristina, grüß dich. Kristina Kobrow: Johanna, du hast viele Jahre hier als Host des BredowCast Medienforscher*innen vorgestellt und Projekte vorgestellt, die entweder gerade gestartet sind oder abgeschlossen waren. Und du hast jetzt selbst dein „Projekt Hans-Bredow-Institut“ abgeschlossen, hast deine Tätigkeit abgegeben und konzentrierst dich jetzt eher auf deine Arbeit als Schriftstellerin in Österreich. Johanna Sebauer: Ja, klingt krass aber so ist es, ja. Kristina Kobrow: Genau, aber ich würde gerne nochmal die Gelegenheit nutzen, um dich über deine Arbeit hier am Institut auszufragen, und würde dabei gerne bei den Anfängen starten. Du hast Politikwissenschaft im Bachelor studiert und dann im Master „Journalism, Media and Globalization“ in Aarhus, Santiago de Chile und Hamburg. Und du kamst 2018 an das Hans-Bredow-Institut in das Team der Wissenschaftskommunikation. Johanna Sebauer: Ja genau. Kristina Kobrow: Was war denn damals dein Antrieb? Kannst du dich daran noch erinnern? Johanna Sebauer: Ja, also das war eine Phase, ich habe, glaube ich, 2015 hier in Hamburg meinen Master abgeschlossen und war dann damals noch der Meinung, ich muss Journalistin werden. Hamburg als Medienstadt hat sich dann angeboten als Standort und ich habe gedacht, die ZEIT und der SPIEGEL, die warten nur auf jemanden wie mich. Das war natürlich nicht so. Ich habe mich dann so von Praktikum zu Praktikum gehangelt und hab dann auch angefangen, in einer Agentur zu arbeiten, das nichts mit Journalismus zu tun hatte, sondern mit Medien im weitesten Sinne. Das war eine Videoagentur, wo ich auch zum ersten Mal mit Podcasten und Podcastproduktion in Berührung gekommen bin. Und ich wollte irgendwie wieder zurück in ein Umfeld, das mehr mit Medien und auch mit Journalismus zu tun hat – nicht unbedingt als aktive Journalistin aber nicht im Agenturumfeld, so wie ich es bis dahin gemacht hatte, wo man für Privatkunden Videos produziert zum Beispiel, sondern ich wollte eher was, entweder Nachrichtliches machen oder – so wie es dann im Endeffekt auch gekommen ist – im akademischen Umfeld. Es war vielleicht einfach Zufall, dass ich diese Stelle am Hans-Bredow-Institut gesehen habe. Ich kannte das Institut natürlich, weil ich hier in Hamburg studiert habe, also Kommunikationswissenschaftsstudium, und das ist ja eng verbunden mit der Uni. Und ich habe hier in der Bibliothek viele Stunden gesessen und an meiner Masterarbeit gearbeitet. Ich fand das Institut immer sympathisch und Podcast als Medium habe ich auch selbst gerne konsumiere und fand die Arbeit spannend und habe mich beworben und habe es nie bereut. Kristina Kobrow: Sehr schön. Was waren denn deine Aufgaben konkret? Was gehörte so konkret dazu in der Praxis in der Wissenschaftskommunikation? Johanna Sebauer: Also die Stelle war ja wirklich ausgeschrieben als Stelle für Podcastproduktion. Also das war tatsächlich mein Hauptaufgabengebiet zu Beginn. Das war damals auch, glaube ich, eine 50-Prozent-Stelle, die ich damals hatte. Und da kamen dann auch immer mehr Sachen dazu. Also ich habe mich um die Website gekümmert, wir haben dann später einen Blog auch aufgebaut, darum habe ich mich gekümmert, um Social Media. Wir haben ja lange Zeit Twitter betreut. Das haben wir letztes Jahr – war das schon letztes Jahr? – ich glaube zum Jahreswechsel haben wir damit aufgehört, haben jetzt mit LinkedIn gestartet. Also es gibt auf jeden Fall viele Kanäle, die wir bespielen. Ich sage immer noch „wir“, dabei bin ich eigentlich gar nicht mehr Teil dieses Instituts. Und ja, ich habe da überall so ein bisschen mitgemischt, genau. Also Website, Newsletter natürlich, aber hauptsächlich BredowCast. Kristina Kobrow: Kannst du erläutern, ob sich Anforderungen geändert haben in der Zeit? Also in diesen sechs Jahren, wo du hier warst, und vielleicht auch Erwartungen, die sich gewandelt haben? Johanna Sebauer: Gute Frage. Also was uns wahrscheinlich sehr beschäftigt hat in den letzten Jahren, war tatsächlich, wie gehen wir mit Twitter um? Also mit dem Twitter-Umfeld, das sich sehr geändert hat, seit Elon Musk die Plattform übernommen hat. Wie gehen wir generell um mit Wissenschaftsfeindlichkeit, die während der Corona-Pandemie ein großes Thema war. Wir haben das zum Glück noch nie so wirklich erlebt, so einen Shitstorm. Aber das hat uns auf jeden Fall auch beschäftigt und wir haben versucht, so einen Notfallfahrplan zu erstellen. Was heißt versucht, wir haben es gemacht. Also wir haben jetzt irgendwie so einen Ablaufplan, falls es mal zu öffentlicher Diffamierung von unseren Kolleginnen und Kollegen kommt. Und ja, also vielleicht könnte man sagen, dass das Umfeld feindlicher geworden ist, indem man sich als Wissenschaftskommunikator bewegt und dass man so ein bisschen in den Verteidigungsmodus auch gerät, weil es schnell geht, dass man angefeindet wird auf Social Media und sich dann ein großer Shitstorm aufbläst und man sich irgendwie verteidigen muss. Das war vielleicht früher anders oder nicht so bedrohlich. Kristina Kobrow: Ich komme dazu später nochmal zurück. Ich würde gerne noch einmal bei dem Podcast bleiben. Diesen Podcast gibt es ja seit 2014, also tatsächlich schon zehn Jahre. Und wir nehmen jetzt glaube ich gerade die 94. Folge auf. Und da würde ich gerne nochmal fragen, inwieweit ist denn der Podcast für das Institut bedeutsam? Johanna Sebauer: Ja, sehr bedeutsam. Also ich finde, das sagt schon einiges aus, dass die Stelle wirklich eine Podcaststelle war, dass eine 50-Prozent-Stelle dafür freigeräumt wurde, damit jemand sich um einen Podcast kümmert. Und ich finde, das Institut hat relativ früh erkannt, dass es da ein Potenzial gibt, das man nutzen kann, um Wissenschaftskommunikation zu betreiben. Und ich finde halt, das Format eignet sich so gut, weil es komplexen Themen den Raum gibt, um in die Tiefe zu gehen und Forschende wirklich erklären zu lassen, was sie da genau machen. Und oft ist es ja so, dass wenn die Tagesschau oder ARD oder irgendwelche Medienanfragen bei uns ankommen und O-Töne wollen von Forschenden hier aus dem Institut zu irgendeinem Thema, weiß nicht, zum Beispiel öffentlich-rechtlicher Rundfunk nach der Wahl in den östlichen Bundesländern, was passiert da, dann müssen unsere Kollegen so Zweizeiler abgeben, die dann gesendet werden im Deutschlandfunk oder wo auch immer. Und mit diesen zwei Zeilen ist halt sehr wenig gesagt. Und so lange Podcastgespräche, in denen dann die Wissenschaftler auch mal so ein bisschen ins Plaudern kommen und nicht immer in so einem steifen wissenschaftlichen Ton reden müssen, das tut, glaube ich, der Wissenschaftskommunikation ganz gut. Kristina Kobrow: Und es gibt eine neue Form der Kontextualisierung auch, ne? Johanna Sebauer: Ja, genau. Und das fehlt halt oft. Und das nimmt vielleicht dann auch so ein bisschen die Gefahr, überhaupt in so einen Shitstorm zu geraten, weil Leute missverstehen ja gerne was auf Social Media, wenn sie nur die Headlines lesen oder nur ein kurzes Zitat. Und ja, da kann man einfach schnell was missverstehen in sehr komplexen Zusammenhängen. Es braucht einfach dieses Format. Und ich finde es einerseits gut, weil es diese Tiefe ermöglicht, aber auch, weil es so eine gewisse Lockerheit ermöglicht. Also das ist ja ein ganz normales Gespräch, das ich da immer geführt habe mit den Kollegen und nicht ein wissenschaftlicher Vortrag, den ich da erwarte. Kristina Kobrow: Aber es laufen ja doch sehr, sehr viele Forschungsprojekte parallel. Ich glaube, es sind momentan ungefähr 30. Und noch dazu gibt es eine Menge an Seminaren, es gibt Talks und so weiter. Wie hast du denn da ausgewählt? Johanna Sebauer: Also ich habe das immer entweder aus dem Institut herausgenommen, wenn aus einem der Projekte, also wenn es jetzt 30 sind, ist es ja oft so, dass man nicht zu allen 30 jetzt akut was sagen könnte, weil die sich erst in der Vorbereitungsphase befinden oder in der Datensammlung und dann noch gar keine Ergebnisse da sind, die man kommunizieren kann. Das heißt, wenn eine Studie zum Ende kommt, wenn da irgendwas veröffentlicht wird und man Ergebnisse hat, über die man reden kann, dann habe ich mir gedacht, ah, okay, diese Studie erscheint Ende Mai, dann reden wir über die Ergebnisse oder so. Dann gab es immer so Fixtermine, also im Juni kommt immer der „Reuters Digital News Report“. Das kann man sich dann immer so merken, dass das ein Datum ist, wo man über die aktuellsten Daten zur Mediennutzung in Deutschland reden kann. Aber ich habe auch manchmal, wenn es in der Welt ein großes Ereignis gab, habe ich dann Themen ins Institut hineingetragen und habe mir dann einen Forscher, eine Forscherin gesucht, die dazu was sagen kann. Zum Beispiel hatten wir eine Folge zum Fälschungsskandal um Klaas Relotius, der seine erfundenen Artikel da im Spiegel veröffentlicht hat. Oder meine allererste Folge war eben zur Fußball-Weltmeisterschaft, die da gerade lief. Und da habe ich dann mit Hans-Ulrich Wagner über den Fußball als Medienspektakel gesprochen. Das war auch ganz interessant. Also ich habe immer so versucht, auch ein bisschen Aktualität reinzubringen. Und manchmal kommen die Kollegen auch selbst auf mich zu und sagen, „hey, ich hätte mal wieder was für den Podcast.“ Kristina Kobrow: Du suchst ja nicht nur, du hast nicht nur Team für den BredowCast ausgesucht und Gespräche gestaltet, sondern ich habe es anfangs schon erwähnt, du bist auch Schriftstellerin und läufst sowieso mit offenen Augen und Ohren durch die Welt. Insbesondere hast du ein Auge für nischige Absurditäten und Auffälligkeiten, habe ich so das Gefühl. Und das merkt man unter anderem in deinem Roman „Nincshof“, der 2023 den Debütpreis des Harbour Front Literaturfestivals in Hamburg gewonnen hat. Und auch ganz besonders in deinem Text „Das Gurkerl“, der beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb in diesem Jahr zwei Preise und ein Stipendium erhalten hat. Ich würde gerne nochmal zu diesem Text ein paar Fragen stellen. Johanna Sebauer: Zum Gurkerl-Text? Kristina Kobrow: Genau. „Das Gurkerl“ ist ja eine Mediensatire. Alles fängt an mit einem Chefredakteur, dem beim Biss in eine eingelegte Gewürzgurke ein klein wenig Essigwasser ins Auge spritzt und der sich dann gehörig echauffiert, wo und wann immer er kann. Und daraus entwickelt sich dann so eine mediale und gesellschaftliche Empörungsspirale, die wir ja auch aus anderen Kontexten kennen. Es bilden sich Lager, jeder muss sich sofort positionieren, muss dann auch bei dieser Meinung bleiben. War deine Arbeit im Hans-Bredow-Institut hier in der Öffentlichkeitsarbeit themengebend? Johanna Sebauer: Das ist eine gute Frage. Es kann durchaus sein, weil ich natürlich durch die Arbeit hier sehr viel Zeit in sozialen Medien verbracht habe und den Diskurs beobachtet habe. Und also es ist auf jeden Fall meine Beschäftigung mit sozialen Medien hat diesen Text sehr beeinflusst. Ob das jetzt daran lag, dass ich hier arbeite, ich weiß es gar nicht. Ja, bestimmt. Also weil ich mich ja sehr viel mit Medien beschäftige, ob ich will oder nicht. Wenn man hier arbeitet, dann ist man einfach umgeben von so einem Mediendiskurs. Aber ja, der Text ist entstanden, ich glaube, den habe ich so im zweiten Corona-Jahr oder so geschrieben und da habe ich auch einfach sehr viel Zeit im Lockdown auf Twitter verbracht und mich darüber gewundert, wie die Leute sich einfach empören über Dinge, wo ich mir denke, die wissen ja gar nicht mehr, worüber sie überhaupt streiten. Aber die streiten einfach. Und hatte dann die Idee, dass sowas auch mit einem Essiggurkerl passieren könnte. Kristina Kobrow: Hoffen wir nicht, aber vielleicht. Johanna Sebauer: Dass es jeweils so weit kommt, nee, das hoffen wir nicht. Kristina Kobrow: Sind denn Wissenschaft und Literatur generell für dich zwei autarke Welten oder befruchten die sich gegenseitig? Johanna Sebauer: Wow, das ist eine sehr tiefgehende Frage. Also meine erste Antwort wäre, ja, die sind autark. Also es gibt da keine offensichtlichen Berührungspunkte, weil man ja könnte sagen, Wissenschaft strebt ja immer die Wahrheit an. Also eine belegbare Wahrheit. Und das, was Literatur, also Fiktion, möchte, ist die Unwahrheit. Also eigentlich, wir schreiben ja Dinge auf, die sind nicht wahr. Zumindest nicht im unmittelbaren Sinne. Und das finde ich einfach so spannend an Literatur an sich, dass, nur weil etwas nicht wahr ist oder nicht in der materiellen Welt existiert, bedeutet es ja nicht, dass es nicht wahr ist. Also weil, wenn ich einen Roman lese, habe ich ja Gefühle dabei und ich fiebere mit den Protagonisten mit. Ich freue mich, wenn denen was gelingt oder ich bin traurig, wenn es denen irgendwie scheiße geht. Und ich fühle also so, als ob das, was ich lese, wirklich wahr ist. Ist es aber nicht. Und das finde ich sehr spannend eigentlich, dass wir Menschen so dazu fähig sind, uns so reinzusteigern in Dinge, die sich irgendjemand ausgedacht hat. Und wir wissen, das ist eigentlich gar nicht wahr, aber trotzdem weinen wir, wenn wir einen traurigen Film sehen. Das finde ich fast sogar, ja, ich finde ein bisschen niedlich, dass wir Menschen so sind. Kristina Kobrow: Ja, und vor allen Dingen bei Büchern doch, weil wir gar kein Bild sehen, oder? Wir haben eigentlich nur die Buchstaben und entwickeln da unser eigenes Bild oder unseren eigenen Film zu. Johanna Sebauer: Ja, und da ist es vielleicht sogar noch mal krasser, weil man so, weil das so eine intime Begegnung mit einer fiktiven Wahrheit ist, weil man so alleine zu Hause sitzt mit dem Buch und das liest und nicht in einem großen Kinosaal mit vielen zusammen, was natürlich auch sehr, sehr bewegend sein kann. Aber ja, also sagen wir so, vielleicht ist das, was Literatur und Wissenschaft verbindet, dass sie unterschiedliche Formen von Wahrheiten anstreben, so könnte man das sagen. Kristina Kobrow: Oder Zugänge zur Welt, oder? Johanna Sebauer: Zugänge zur Welt, ja. Also, weil natürlich das, was Literatur abbildet, ist ja auch immer etwas, was irgendwie auch in der Welt, in der wir leben, in irgendeiner Form existiert. Auch wenn es diese Figuren nicht gibt, gibt es dann doch trotzdem diese, weiß ich nicht, Beziehungskonstellationen, die in einem Roman abgebildet werden oder ja, auf jeden Fall Dinge, mit denen man sich identifizieren kann. Ja. Was das Schreiben betrifft: ein ganz anderes Paar Schuhe! Also das ist wirklich, also ich fand auch, das fand ich so schön, dass ich halt nebenbei literarisch geschrieben habe, während ich hier beim HBI gearbeitet habe, weil man einfach ganz anders schreibt. Ja, und das fand ich dann, wenn ich mich an meinen Literaturschreibtisch gesetzt habe, fand ich das als eine Befreiung, weil ich mir da gedacht habe, ich kann da jetzt alles schreiben, ich muss überhaupt nichts belegen, ich kann einfach hinschreiben und muss gar nicht suchen, wer hat das eigentlich gesagt und stimmt das wirklich? Kristina Kobrow: Ich habe in einem Interview gehört von dir, dass du gesagt hast, du schreibst den ersten Romanentwurf meist handschriftlich oder zumindest 60 bis 70 Prozent und hier in der Öffentlichkeitsarbeit oder generell in der Öffentlichkeitsarbeit ist es ja doch so, dass gerade Posts auf Social Media wirklich schnell verfasst werden müssen und präzise formuliert werden müssen. Das ist ja doch ganz was anderes, als wirklich so einen Text zu verfassen, ihn handschriftlich niederzuschreiben. Wie bist du mit diesem Kontrast umgegangen? Also brauchtest du den wirklich und konntest du da direkt umschalten? Du hattest auch mal gesagt, glaube ich, wenn du zum Beispiel mit dem Zug fährst, wenn du bei Passau bist, dann ist der österreichische Dialekt abgelegt und dann gibt es nur noch das Hochdeutsche. Ist es so ein bisschen auch so mit deinem Literatur-Ich sage ich jetzt mal und dem Johanna-Ich hier im Bredow-Institut, dass du das so wirklich trennen kannst und das brauchst oder wie kann man sich das vorstellen? Johanna Sebauer: Also jetzt nochmal zu diesem handschriftlichen Schreiben. Ich finde, also das ist tatsächlich so, ich hab noch nicht drüber nachgedacht, aber ich habe, wenn ich Literatur schreibe, ja, da schreibe ich eigentlich den ersten Entwurf fast immer mit der Hand. Aber wenn ich hier irgendwie einen Blogpost oder was für Social Media geschrieben habe, nee, das schreibe ich natürlich auf der Tastatur. Aber ich weiß, dass es Momente gab, wo mir nichts einfallen wollte und wo ich mir das dann zunutze gemacht habe und habe gesagt, jetzt nimm dir doch mal ein leeres Blatt und schreib das mal mit der Hand. Und irgendwie hat das dann auch funktioniert. Also da habe ich dann, weil ich das Gefühl habe, ich schreibe da ein bisschen unbedarfter, wenn ich das mit einem Stift aufs Papier schreibe, als wenn ich es gleich in den Computer reintippe. Und so habe ich das dann manchmal kombiniert. Kristina Kobrow: Und kannst du sagen, ganz grundsätzlich, was jetzt eine gute Narration ausmacht in der Literatur und in der Öffentlichkeitsarbeit? Johanna Sebauer: Also bei wissenschaftlichen Texten ist mir aufgefallen über die Jahre, dass man dazu neigt, eine Einleitung zu schreiben, die sehr viel Grundsätzliches nochmal erklärt. Und dass man bei sehr vielen wissenschaftlichen Texten den ersten Absatz komplett streichen kann, verlustfrei. Weil man fängt dann so an mit: „Das Internet ist aus unserer heutigen Welt nicht mehr wegzudenken.“ Kristina Kobrow: Stimmt ja auch. Johanna Sebauer: Genau. Aber das ist sowas, das braucht es eigentlich nicht. Also das würde man in einem literarischen Text vielleicht so nicht schreiben oder auch in einem journalistischen Text. Also da würdest du anders, da würdest du vielleicht ins Thema reinstürzen. Und bei wissenschaftlichen Texten, da wird es immer so langsam aufgebaut, weil auch immer alles gesagt werden muss. Weil sonst könnte ja jemand kommen und dich dafür kritisieren, dass du irgendwas nicht gesagt hast. Bei der Literatur ist es ja aber so, dass das Spannende ja gerade das ist, was nicht dasteht und der Imagination der Leser überlassen wird. Also das habe ich auch erst so mit der Zeit gelernt in der Schreibpraxis, dass in der Literatur, du solltest eigentlich nicht alles schreiben, was du dir denkst, weil dadurch so eine gewisse Spannung entsteht. Weil wenn du Dinge nur andeutest, dann hält es den Leser, dann raubt es dem manchmal den Atem, weil er sich dann so denkt, „okay, wow“. Kristina Kobrow: Aber andeuten musst du es ja schon. Johanna Sebauer: Du musst es andeuten ja, aber du kannst da viel subtiler sein als bei wissenschaftlichen Texten. Bei Literatur geht es einfach viel für mich um die Figuren, die stehen im Zentrum und die müssen glaubwürdig erzählt sein, die müssen mir beim Lesen sympathisch sein, dann bleibe ich da dran. Oder ist dann vielleicht gar nicht so wichtig, was der Plot ist, was da genau passiert in der Geschichte, aber wenn ich diese Figur sympathisch finde, dann folge ich der gerne. Und in wissenschaftlichen Texten gibt es ja in den seltensten Fällen Figuren. Kristina Kobrow: Und sind dir deine Figuren immer sympathisch? Also auch als Schreibende? Johanna Sebauer: Ja, doch schon. Also ich fühle mich denen sehr nahe und denke dann einfach oft an die, so als würde das Bekannte von mir sein. Kristina Kobrow: Bleiben die auch im Kopf? Johanna Sebauer: Ja, schon. Ja, die sind jetzt also bei dem Roman, den ich geschrieben habe, die sind jetzt schon ein bisschen weiter weg und ich bin jetzt schon an einem neuen Text dran, die sind jetzt natürlich präsenter. Aber ich finde das auch immer sehr aufregend, wenn da neue Figuren kommen. Es ist wie wenn man einen neuen Menschen kennenlernt und dann so, Gott, was will der denn? Wie ist der so drauf? Und das hast du halt bei wissenschaftlichen Texten nicht. Also was hast du da an Figuren? Ja, vielleicht hast du manchmal so Interviewpartner, die in irgendeiner Weise vorkommen in einem wissenschaftlichen Text, dann aber auch meist anonymisiert. Die sind nicht so greifbar. Und das ist halt einfach sehr abstrakt dann so ein wissenschaftlicher Text. Kristina Kobrow: Ich frage dich jetzt nicht, was für Figuren das sind, die in deinem Kopf schon am Wachsen sind, sondern würde gerne in die Schlusskurve biegen. Und ich habe es anfangs ja schon erwähnt, du verabschiedest dich aus dem Hans-Bredow-Institut und widmest dich mehr deiner Arbeit als Schriftstellerin. Wenn jetzt Zuhörer*innen mit dir in Kontakt bleiben wollen, wie gelingt das? Johanna Sebauer: Ja, also man kann mir auf Instagram folgen vielleicht. Ein LinkedIn-Profil habe ich auch noch. Da muss ich glaube ich auch noch das HBI rausnehmen, das steht da noch. Ja, aber kann man einfach mal googlen, Johanna Seebauer, dann kommen, glaube ich, meine Profile auch. Kristina Kobrow: Dann, liebe Johanna, danke ich dir ganz herzlich für dieses Gespräch und wünsche dir alles Gute. Johanna Sebauer: Danke, Kristina. Das war sehr schön, jetzt auf der anderen Seite vom BredowCast zu sein. Mein erstes Mal im BredowCast als Gast. Ja, war eine schöne Zeit. Ich verabschiede mich und ja, auf bald. Kristina Kobrow: Auf bald. Johanna Sebauer: Tschüss.