Das Nachrichteninteresse ist in der Langzeitbetrachtung rückläufig. 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sagen im Jahr 2023, dass sie überaus oder sehr an Nachrichten interessiert sind (2022: 57 %).
Für den Reuters Institute Digital News Report 2023 zur Nachrichtennutzung im internationalen Vergleich wurden zeitgleich Befragungen in 46 Ländern realisiert, um generelle Trends, aber auch nationale Besonderheiten erkennen zu können. Das HBI ist verantwortlich für die deutsche Teilstudie; es wird dabei von den Landesmedienanstalten und dem ZDF unterstützt.
- Behre, Julia; Hölig, Sascha; Möller, Judith (2023): Reuters Institute Digital News Report 2023 – Ergebnisse für Deutschland. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut, Juni 2023 (Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts | Projektergebnisse Nr. 67), https://doi.org/10.21241/ssoar.86851
- Pressemitteilung „Nachrichtenmüdigkeit nimmt weiter zu“ vom 14.06.2023
- Projekt „Reuters Institute Digital News Report“
Überblick über die wichtigsten Ergebnisse
Das Nachrichteninteresse ist in der Langzeitbetrachtung rückläufig. 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sagen im Jahr 2023, dass sie überaus oder sehr an Nachrichten interessiert sind (2022: 57 %).
Auch die Reichweite von Nachrichten insgesamt ist im Zeitverlauf betrachtet leicht zurückgegangen. 89 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland lesen, hören oder schauen in diesem Jahr mehr als einmal pro Woche Nachrichten (2022: 92 %).
36 Prozent der deutschen Internetnutzenden ab 18 Jahren sind äußerst oder sehr an Politik interessiert. Während mehr als die Hälfte (52 %) im Alter ab 55 Jahren ein starkes Politikinteresse aufweist, trifft dies nur auf 19 Prozent der 18- bis 24-Jährigen zu. Stattdessen geben 41 Prozent in der jüngsten befragten Altersgruppe an, nicht sehr oder überhaupt nicht an Politik interessiert zu sein.
Jeder zehnte erwachsene Internetnutzende in Deutschland versucht oftmals aktiv, Nachrichten zu vermeiden; 65 Prozent versuchen dies zumindest gelegentlich. Diese Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr stabil, nachdem es in den vergangenen Jahren zu deutlichen Anstiegen gekommen war. 29 Prozent der Befragten, die zumindest gelegentlich Nachrichten vermeiden, gehen gezielt bestimmten Themen aus dem Weg. Am häufigsten werden Nachrichten zum Ukraine-Krieg gemieden, gefolgt von Nachrichten zum Thema Unterhaltung bzw. Prominente, Gesundheit und Sport.
Mehr als die Hälfte (58 %) der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland ist äußerst oder sehr an positiven Nachrichten interessiert. Ein ebenfalls hohes Interesse wird an Nachrichten geäußert, die Lösungen vorschlagen, anstatt nur auf Probleme hinzuweisen (53 %), sowie an Nachrichten, die dabei helfen, komplexe Themen zu verstehen (50 %).
Als Quelle für Nachrichten verwenden die meisten erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland 2023 wie bereits im Vorjahr das Internet. 63 Prozent nutzen mindestens einmal pro Woche Online-Nachrichten auf den Websites oder Apps von Nachrichtenanbietern oder in sozialen Medien (2022: 68 %). Nachrichtensendungen im linearen Fernsehen sehen 59 Prozent in einer normalen Woche (2022: 65 %). Im Vergleich zum Vorjahr ist sowohl die wöchentliche Nutzung von Nachrichtenangeboten im Fernsehen, Radio und Printbereich als auch im Internet leicht zurückgegangen.
Insgesamt dominieren traditionelle Nachrichtenanbieter aus TV, Radio und Print die Nachrichtennutzung im Internet. 43 Prozent lesen, schauen oder hören regelmäßig die Inhalte etablierter Nachrichten; bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 46 Prozent. Für 44 Prozent in dieser Altersgruppe sind soziale Medien eine regelmäßige Quelle für Nachrichten; das sind elf Prozentpunkte weniger als noch 2022.
Für 43 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden ist das lineare Fernsehen weiterhin die wichtigste Nachrichtenquelle und für 39 Prozent sind es Nachrichtenangebote im Internet. 14 Prozent finden Nachrichten hauptsächlich in den sozialen Medien; dieser Anteil ist im Langzeitverlauf kontinuierlich angestiegen und mit 35 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen am größten. Für 15 Prozent der 18- bis 24-Jährigen stellen soziale Medien die einzige Quelle für Nachrichten dar.
43 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sind der Ansicht, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als 2022 (50 %) und so wenig Befragte wie nie zuvor, seitdem die Frage 2015 erstmals in den Reuters Institute Digital News Survey aufgenommen wurde.
Auch das Vertrauen, das bekannten Nachrichtenmarken entgegengebracht wird, ist im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig. Dabei bleiben die Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch im Jahr 2023 die beiden Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten unter den abgefragten Marken, die den Befragten bekannt sind. Zu den Top 3 zählen erneut regionale bzw. lokale Tageszeitungen.
Gut ein Drittel (34 %) der Internetnutzenden ab 18 Jahren sieht oder hört häufig davon, dass Journalistinnen und Journalisten oder die Nachrichtenmedien in Deutschland kritisiert werden. Befragte, die sich selbst eher am rechten oder linken Rand des politischen Spektrums verorten, kommen anteilig häufiger mit derartiger Medienkritik in Kontakt (47 % bzw. 48 %) als jene in der politischen Mitte (34 %).
47 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sagen, dass öffentlich finanzierte Nachrichtenmedien wie die ARD und das ZDF für sie persönlich wichtig sind und 52 Prozent erachten diese als wichtig für die Gesellschaft. Insgesamt schreiben Befragte im Alter ab 55 Jahren den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenmedien eine deutlich höhere persönliche und gesellschaftliche Relevanz zu als jüngere Befragte.
Um Berichte oder Artikel im Internet zu finden, greifen mit 29 Prozent die meisten erwachsenen Internetnutzenden direkt auf eine Website oder die App eines Nachrichtenangebots zu. Internetnutzende im Alter zwischen 18 und 24 Jahren werden am ehesten in sozialen Medien auf Nachrichteninhalte aufmerksam oder geben eine bestimmte Nachrichtenwebsite in eine Suchmaschine ein (jeweils 31 %).
Im Hinblick auf Online-Nachrichten präferiert die Mehrheit der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland weiterhin die Textform. 53 Prozent lesen die Online-Nachrichten am liebsten, während 18 Prozent sie bevorzugt als Video anschauen und acht Prozent hören diese am liebsten in Audioform.
Die meistverwendeten Plattformen, um Online-Nachrichtenvideos anzuschauen, sind mit 19 Prozent eine Nachrichten-Website oder -App und mit 17 Prozent YouTube. In der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen rezipieren jeweils 21 Prozent regelmäßig Nachrichtenvideos auf YouTube und Instagram und 14 Prozent sehen mindestens einmal pro Woche ein Nachrichtenvideo auf TikTok.
28 Prozent hören im Jahr 2023 mindestens einmal pro Monat einen Podcast (2022: 29 %). Während die Hörerschaft von Podcasts in den meisten Altersgruppen stagniert, ist sie innerhalb der 18- bis 24-Jähigen erneut leicht auf 61 Prozent angestiegen (2022: 56 %).
Die auch im Jahr 2023 am weitesten verbreiteten sozialen Medien sind WhatsApp, YouTube und Facebook. Diese drei Plattformen sind zudem die Angebote in dieser Kategorie, die von den meisten erwachsenen Internetnutzenden regelmäßig verwendet werden, um Nachrichten zu suchen, zu lesen, anzuschauen, zu teilen oder um darüber zu diskutieren (WhatsApp 14 %, YouTube 16 %, Facebook 14 %). Nachrichteninhalte auf Instagram erreichen in einer normalen Woche 22 Prozent der 18- bis 24-Jährigen, gefolgt von YouTube mit 15 Prozent und TikTok mit neun Prozent.
Die klassische Auswahl von Nachrichten durch journalistische Akteure erachten insgesamt 29 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland als einen guten Weg, um Nachrichten zu erhalten. Die automatische Auswahl von Berichten auf der Grundlage der von den Befragten früher abgerufenen Informationen bewerten hingegen anteilig etwas weniger Internetnutzende als eine gute Möglichkeit (27 %). Die automatische Auswahl von Nachrichten auf der Grundlage der von Freunden abgerufenen Informationen lehnen 40 Prozent der Befragten tendenziell ab. Mehrheitlich zeigen die Befragten jedoch keine eindeutige Präferenz für eine der genannten Varianten.
37 Prozent sowie 36 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sind besorgt, dass sie aufgrund stärker personalisierter Nachrichten andere wichtige Informationen oder eventuell gegensätzliche Meinungen verpassen könnten. Dabei versucht knapp die Hälfte (49 %) der Befragten zumindest gelegentlich zu verändern, welche Nachrichten und Informationen sie auf Online-Plattformen sieht. Der meistgenannte Grund hierfür ist der Wunsch nach verlässlicheren Inhalten sowie nach vielfältigeren Perspektiven und Ansichten.
Nach wie vor beteiligt sich nur ein geringer Anteil aktiv an der Nachrichtenberichterstattung in sozialen Medien. 14 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden liken regelmäßig Nachrichtenbeiträge und jeweils acht Prozent teilen und kommentieren sie dort. Weitere 18 Prozent lesen regelmäßig Nutzerkommentare in sozialen Medien. In der Tendenz sind die aktiv partizipierenden Teile in der jungen Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen etwas größer als im Durchschnitt der Bevölkerung. Zudem lässt sich erneut beobachten, dass Internetnutzende, die sich selbst im linken oder rechten Teil des politischen Spektrums verorten, anteilig häufiger mit Nachrichteninhalten interagieren als Nutzende in der politischen Mitte.
Zwölf Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland haben überwiegend negative Erfahrungen mit Interaktionen in Bezug auf Online-Nachrichten oder in sozialen Medien gemacht, die Mehrheit (42 %) würde ihre Erfahrungen damit aber als weder positiv noch negativ beschreiben. 46 Prozent vertreten die Meinung, dass sie vorsichtig mit dem sein müssen, was sie online über Politik sagen und rund ein Drittel (34 %) meint, diesbezüglich auch außerhalb des Internets aufpassen zu müssen.
Elf Prozent der Befragten geben an, für digitale Nachrichten Geld ausgegeben zu haben (2022: 14 %). Eine fortlaufende Zahlung in Form eines Abonnements bzw. einer Mitgliedschaft ist dabei das am häufigsten gewählte Bezahlmodell. Befragte, die auf diese Weise für Online-Nachrichten bezahlen, geben am ehesten als Grund dafür an, dass sie mit dem Geld guten Journalismus unterstützen wollen oder verweisen auf ein gutes Angebot bzw. Probeabo. Die meistgenannten ausschlaggebenden Gründe, um eventuell zukünftig für Online-Nachrichten zu bezahlen, sind günstigere Preise sowie weniger oder gar keine Werbung.
Um sich über die persönlichen Finanzen und die Wirtschaft im Allgemeinen zu informieren, schenken 41 Prozent der Befragten den allgemeinen Nachrichten im Fernsehen, Radio oder Internet die meiste Beachtung, gefolgt von persönlichen Kontakten (24 %) sowie fachspezifischen Websites oder Magazinen (21 %). Insgesamt haben 30 Prozent der Befragten Schwierigkeiten, Nachrichten über Finanzen und die Wirtschaft zu verstehen, und 28 Prozent erachten es als schwierig, derartige Informationen im persönlichen Alltag anzuwenden. Das gilt besonders für Befragte, denen nur ein geringes jährliches Bruttoeinkommen zur Verfügung steht.