Informations-Ökosysteme und bedrohte Demokratie

Cover einer Publikation

Schwächen Informations-Ökosysteme die Demokratie und fördern die virale Verbreitung von Falsch- und Desinformation? In dem englischsprachigen Bericht „Information Ecosystems and Troubled Democracy: A Global Synthesis of the State of Knowledge on New Media, AI and Data Governance“ bewerten Prof. Dr. Matthias C. Kettemann, Prof. Dr. Robin E. Mansell, Dr. Flavia Durach, Théophile Lenoir, Prof. Dr. Rob Procter, Gyan Tripathi und Emily Tucker die Rolle von Informations-Ökosystemen.

Der Bericht bietet einen kritischen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung in drei Bereichen mit dem Querschnittsthema Fehlinformation und Desinformation:

  • Medien, Politik und Vertrauen,
  • Künstliche Intelligenz, Informationsökosysteme und Demokratie,
  • Data Governance und Demokratie.

Er zeigt auf, welche Erkenntnisse aus wegweisender Forschung in diesen Bereichen gewonnen werden können.

Bestandteil sind darüber hinaus drei kurze Zusammenfassungen, die sich an politische Entscheidungsträger*innen, technische Interessengruppen und Forscher*innen richten, sowie eine interaktive Bibliografie mit mehr als 3.000 Quellen, durchsuchbar nach Thema, Region, Datum und Autor*in. Eine illustrierte dynamische Karte zeigt die thematischen Zusammenhänge auf.

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Wichtige Erkenntnisse

1. Holistische Perspektive auf Informations-Ökosysteme

Der Bericht betont die Interdependenz von Menschen, Praktiken, Werten, Institutionen und Technologien in spezifischen sozialen, kulturellen und politischen Kontexten. Fehlinformationen werden sowohl als Symptom als auch als Verstärker gesellschaftlicher Veränderungen gesehen und nicht als alleiniges Problem, das die Demokratie belastet.

2. Thematische Einblicke

  • Menschenrechte und Grundfreiheiten: Unterscheidung zwischen universellen Prinzipien und ihrer praktischen Anwendung.
  • Big Tech und Data Governance: Kritik an Modellen der Datenmonetarisierung, die eine pluralistische Öffentlichkeit untergraben und die Instrumentalisierung von Informationen ermöglichen.
  • Diskriminierung in Informationsökosystemen: Thematisierung, dass algorithmische Anpassungen nicht in der Lage sind, systemische Ungleichheiten zu beseitigen, die marginalisierte Gruppen betreffen.
  • Medien- und KI-Kompetenz: Diese sind wichtig, können aber allein Fehlinformationen nicht wirksam bekämpfen.

3. Herausforderungen und Forschungslücken

  • Eine signifikante eurozentrische Voreingenommenheit in der Forschung erfordert Anstrengungen zur Dekolonialisierung.
  • Begrenzte Studien über strukturelle und institutionelle Machtdynamiken im Vergleich zu Studien über individuelles Verhalten oder die Mikroökonomie des Marktes.
  • Unzureichender Zugang zu Big-Tech-Daten, uneinheitliche Definitionen in den verschiedenen Studien und Politisierung der Forschung.

4. Kritische Beobachtungen

  • Desinformationsforschung sollte Machtinfrastrukturen untersuchen, nicht nur technologische Auswirkungen auf die Informationsintegrität.
  • Medienvertrauen wird von verschiedenen Faktoren, die über Algorithmen hinausgehen, beeinflusst.
  • Schwächen in der Forschung zur Polarisierung, die sich sehr stark auf den Globalen Norden und auf begrenzte Plattformen konzentriert.

5. Ökologische und ethische Überlegungen in der KI

Es ist notwendig, die energieintensiven Prozesse der KI hervorzuheben und Vorurteile und Diskriminierung innerhalb von KI-Systemen anzugehen, anstatt sich ausschließlich auf Erzählungen über „vertrauenswürdige KI“ zu verlassen.

Mansell, R., Durach, F., Kettemann, M., Lenoir, T., Procter, R., Tripathi, G., and Tucker, E. (2025): Information Ecosystems and Troubled Democracy: A Global Synthesis of the State of Knowledge on New Media, AI and Data Governance. International Observatory on Information and Democracy. Paris.

Überblick

Erscheinungsdatum

15.01.2025

Art der Publikation

  • Sonstiges

Projektbezug:

Coding Public Value

DSA Research Network

Generative künstliche Intelligenz für die Informations­navigation

Plattform Demokratie

Forschungsprogramm:

FP 2 Regelungsstrukturen und Regelbildung in digitalen Kommunikationsräumen

Beteiligte Personen:

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