Von der Einzelmedienforschung zum Repertoire-Ansatz
Wir können uns heute aus einer Vielzahl an Möglichkeiten unser ganz individuelles Medien-Menü zusammenstellen. Wie und wofür Menschen welche Medien nutzen, lässt sich mit dem am HBI entwickelten Konzept der Medienrepertoires gut erforschen. Ein Blog-Beitrag
von Sascha Hölig
Im Jahr 2006 erschien in der Fachzeitschrift Communications ein Beitrag von Uwe Hasebrink und Jutta Popp, der die kommunikationswissenschaftliche Forschung bis heute nachhaltig prägt. Als Möglichkeit, Rezeptionsverhalten in einer sich gravierend ändernden Medienlandschaft konzeptionell fassbar zu machen, wird hier das medienübergreifende Konzept der Medienrepertoires vorgeschlagen.
Mit diesem Ansatz kann auf die strukturelle und inhaltliche Ausdifferenzierung des Mediensystems reagiert werden, indem die Nutzenden und ihre jeweils spezifische Medienauswahl in den Fokus rücken und ein Umbruch gegenüber dem bisher prägenden Paradigma der medienzentrierten Einzelmedienforschung angeboten wird. Es ist nun nicht so, dass niemand vorher auf die Idee kam, dass Menschen in ihrem Alltag nicht nur ein Gerät, einen Kanal oder ein bestimmtes Einzelmedium nutzen würden, aber mit dieser Publikation erfolgte erstmalig die theoretische Systematisierung und konzeptionelle Ausformulierung dieses Denkansatzes.
Im Anschluss bedurfte es ein wenig Zeit und Sortierarbeit, bis sich die Begrifflichkeiten inhaltlich zurechtgeruckelt hatten. Inzwischen ist jedoch weitgehend etabliert, dass es sich zum Beispiel bei Medienensemble um die jeweils verfügbaren Medienangebote handelt und mit Medienmenü eine situationsbezogene Medienauswahl angesprochen ist, während ein Medienrepertoire die situationsübergreifende stabile Zusammenstellung regelmäßig verwendeter Medien beschreibt.
Hilfreich war dabei auch ein Beitrag, den Uwe Hasebrink zusammen mit Hanna Domeyer 2012 publizierte. Dieser erschien in der eher kulturwissenschaftlich geprägten Fachzeitschrift Participations, was von einigen aus der kommunikationswissenschaftlichen Community sinngemäß mit „Schade, dass diese tolle Publikation lediglich in einem solchen Journal erschienen ist.“ kommentiert wurde. Dabei mag übersehen worden sein, dass die dortige Veröffentlichung nicht nur die Vielfalt der quantitativen und qualitativen empirischen Verwertungsmöglichkeiten aufzeigt, sondern implizit auch seine vielgestaltigen inhaltlichen Potentiale durchscheinen lässt.
In der empirischen Annährung wird der Ansatz bis dato meist in der Untersuchung von Nachrichtenrepertoires angewendet und dabei die Kombination verschiedener Geräte, Dienste und Angebote unter Verwendung vielfältiger statistischer Methoden berücksichtigt. Durch die Offenheit und Ganzheitlichkeit des Konzepts bietet es jedoch sowohl mit Blick auf die gegenständliche Bezugnahme als auch die inhaltlichen Analyseebenen noch viele Möglichkeiten und kann als zeitlos gelten.
Wir dürfen also auf zukünftige empirische Anwendungen gespannt sein.
Foto: Eine Reihe von Menschen blickt auf ihr Handy; Symbolbild von Unsplash
Letzte Aktualisierung: 08.06.2025
Projektbezug:
Reuters Institute Digital News Report