Die Mehrheit der Deutschen ist zu mehr Klimaschutz bereit, aber Sorgen um soziale und wirtschaftliche Folgen von Klimapolitik sind weit verbreitet. Das ist ein Ergebnis des zweiten Zusammenhaltsbericht des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), in dem analysiert wird, wie die deutsche Bevölkerung zur sozial-ökologischen Transformation steht. Das Social Media Observatory (SMO) des Hamburger FGZ-Standorts am HBI hat für den Bericht Dynamiken des Klimadiskurses in den sozialen Medien untersucht und herausgefunden, dass klimaskeptische Positionen und Desinformation in sozialen Mediendebatten häufig vorkommen, obwohl diese Positionen in der Gesamtgesellschaft weniger verbreitet sind.
Zentrale Ergebnisse des Zusammenhaltsberichts
Der Großteil der Bevölkerung erkennt die Gefahren des Klimawandels an und wünscht sich mehr Klimaschutz: 83 Prozent machen sich Sorgen, dass Naturkatastrophen infolge des Klimawandels zunehmen werden; 71 Prozent sind der Meinung, dass die Politik noch viel mehr zur Bekämpfung des Klimawandels tun müsste. Zugleich sorgen sich jedoch viele Menschen um die wirtschaftlichen Folgen von Klimapolitik – dies betrifft vor allem Personen in sozio-ökonomisch prekären Lagen. So befürchten 49 Prozent, dass infolge von Klimapolitik Arbeitsplätze vernichtet werden und 42 Prozent, dass ihr Lebensstandard infolge von Klimapolitik sinkt.
Klimawandel und Klimapolitik in sozialen Medien
Auf Grundlage der Daten des Social Media Observatory (SMO) sowie der Datenbank öffentlicher Sprecher*innen (DBöS) arbeitet Dr. Gregor Wiedemann heraus, welche Falsch- und Desinformationen zum Klimawandel und zur Klimapolitik kursieren, wie sie sich im Zeitverlauf verbreiten und welche Rolle politische Parteien, öffentliche Sprecher*innen und andere Nutzende dabei spielen. In Kapitel 10 des Berichts „Skeptizismus und Desinformation zu Klimawandel und Klimapolitik in sozialen Medien“ (S. 90 – 99) zeigt Wiedemann, dass die wiederholte, systematische Verbreitung von klimaskeptischen Positionen und Desinformation sich vor allem bei Accounts der AfD findet. Nutzerdiskussionen zu Parteien-Tweets zum Thema weisen dagegen hohe Anteile von Klimaskeptizismus bei allen Parteien auf. Obwohl diese Positionen in der Gesamtgesellschaft vergleichsweise wenig verbreitet sind, sind sie in sozialen Mediendebatten besonders sichtbar.
Fünf Klimatypen
Die Forscher*innen identifizieren fünf Klimatypen. Diese unterscheiden sich mit Blick auf Einstellungen zum Klimawandel und Klimaschutz sowie Sorgen um die Folgen von Klimapolitik: Entschlossene (18 %), Besorgte (18 %), Zustimmende (31 %), Indifferente (25 %) und Ablehnende (8 %). Die Ablehnenden kritisieren Klimapolitik und fürchten wirtschaftliche Folgen. Die Entschlossenen sind von der Dringlichkeit umfassender Maßnahmen überzeugt. Dazwischen stehen die Besorgten. Sie teilen das Klimabewusstsein der Entschlossenen – und die wirtschaftlichen Sorgen der Ablehnenden.
Die 8 Prozent Ablehnenden sind politisch aktiv. Ihre Positionen werden in sozialen Medien verbreitet – oft mit Falschinformationen. Das könnte ein Grund dafür sein, warum 70 Prozent befürchten, Klimapolitik verschärfe gesellschaftliche Konflikte. „Wenn die Haltung der Ablehnenden als weit verbreitet gilt, erscheint ambitionierte Klimapolitik als Bedrohung für den Zusammenhalt“, sagt FGZ-Direktor und Mitherausgeber der Studie Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg.
Datenbasis
Neben den Daten des SMO nutzt der Zusammenhaltsbericht drei weitere Datenquellen zur Analyse des gesellschaftlichen Zusammenhalts:
- Das German Social Cohesion Panel (SCP) ist eine quantitative, für Deutschland repräsentative Längsschnittstudie.
- Das Regionalpanel (RegPan) ist eine quantitative Längsschnittstudie in ausgewählten Regionen in Deutschland.
- Das Qualitative Panel (Quali Panel) ist eine qualitative Längsschnittuntersuchung mit 90 Teilnehmer*innen aus fünf Untersuchungsregionen in Deutschland.
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Illustration: Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt