Irene Broer und Louisa Pröschel haben sich das Science Media Center Germany und seine Rolle zwischen Wissenschaft und Journalismus genauer angeschaut. Die Ergebnisse ihrer ethnographischen Studie sind nun als Nr. 57 in der Schriftenreihe „Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts“ zum Download erschienen.
Broer, Irene; Pröschel, Louisa (2021): Das Science Media Center Germany: Ethnographische Einblicke in die Arbeitsweisen und Rollen eines Intermediärs zwischen Wissenschaft und Journalismus. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut, Juni 2021 (Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts | Projektergebnisse Nr. 57), DOI: https://doi.org/10.21241/ssoar.73542, ISBN 978-3-87296-169-3
Im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts „MeWiKo – Medien und wissenschaftliche Kommunikation“, das die Auswirkungen wissenschaftsjournalistischer Berichterstattung auf den innerwissenschaftlichen Impact von Publikationen untersucht, wurde im Januar 2020 eine vierwöchige Redaktionsethnographie im Science Media Center Germany (SMC) mit Sitz in Köln durchgeführt. Während dieser Ethnographie, die besonders an der Rolle und Struktur der intermediären Organisation interessiert war, brach erstmals COVID-19 in Europa aus. Diese unvorhersehbare Entwicklung führte dazu, dass im Oktober 2020 eine Folgeethnographie beim SMC durchgeführt wurde, die sich auf die Entwicklungen in der Redaktion seit der Pandemie fokussierte. Die wichtigsten Ergebnisse sind im Folgenden zusammengefasst:
Das SMC ist eine redaktionelle, intermediäre Organisation zwischen Wissenschaft und Journalismus. Sein Hauptpublikum ist der Wissenschaftsjournalismus, den es durch die Bereitstellung wissenschaftlicher Expertise unterstützt, beispielsweise durch die Vorauswahl neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, das Identifizieren von öffentlich diskutierten wissenschaftlichen Themen und das Zusammenfassen komplexer Wissenslagen.
Mithilfe der ethnographischen Daten konnten drei übergeordnete Ziele definiert werden, die die Arbeit des SMC prägen: Den praktischen Journalismus zu unterstützen; wissenschaftliche Themen von gesellschaftlicher Relevanz in den öffentlichen Diskurs bringen; den Stellenwert gesicherten wissenschaftlichen Wissens in Gesellschaft und Politik zu erhöhen.
Wir konnten in unseren Ethnographien mehrere Redaktionsprozesse identifizieren: Gatewatching verschiedener wissenschaftlicher, medialer und politischer Quellen; Entscheidungsfindung über Berichterstattung basierend auf journalistischen, wissenschaftsimmanenten, strategischen und organisatorischen Kriterien; Erstellung und Verbreitung von Berichten.
Die Position und Arbeit des SMC ist abhängig von flexiblen, vertrauensvollen Beziehungen zu Akteur*innen aus Wissenschaft, Journalismus und Gesellschaft. Als intermediäre Organisation muss das SMC flexibel auf externen Einflüssen in Journalismus, Wissenschaft und Gesellschaft regieren können. Es muss seine Arbeitspraktiken ständig an die Entwicklungen in diesen Bereichen anpassen, und auf dadurch neu entstandene Bedürfnisse eingehen können.
Das SMC entwickelt sich ständig weiter. Es verändert sich als Organisation durch personelle Veränderungen, überarbeitet und erschafft redaktionelle Praktiken und innoviert Produkte.
Das SMC nimmt in seinen Arbeitspraktiken mehrere intermediäre Rollen ein: Knowledge-Broker, Trust-Broker, Value-Broker. Insbesondere die letzten beiden Rollen waren während der COVID-19 Pandemie verstärkt wahrnehmbar.
Das SMC tritt vermehrt als eigenständiger Akteur auf und nimmt eine zentrale Position in der Wissenschaftskommunikation ein, die über ihr Wirken in den Journalismus hinausgeht.
Über die Ergebnisse im Detail berichten die Autorinnen außerdem in BredowCast Episode 65.