Destruktive Diskurse. Digitale Verbreitung von klimabezogener Mis- und Desinformation

Eine unkontroverse, breit geteilte Akzeptanz der wissenschaftlichen Fakten über den Klimawandel ist in den letzten Jahren zu einer polarisierenden sowie politisierten Frage geworden, die die Gesellschaft in sich feindlich gegenüberstehende Lager einteilt. Dabei spielen auch zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit sowie die multiplen politischen Krisen der 2020er Jahre eine Rolle, die allerorts zu Verunsicherung führten und die Anfälligkeit für Mis- und Desinformation sowie Verschwörungserzählungen in der Bevölkerung förderten.

Vor diesem Hintergrund untersucht der gemeinschaftlich im Rahmen des Forschungsprojektes „NOTORIOUS“ erstellte finale Forschungsbericht des Leibniz-Instituts für Medienforschung I Hans-Bredow-Institut (HBI), des ISD Germany sowie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW Hamburg) die plattformübergreifende Verbreitung von klimabezogener Mis- und Desinformation. Am HBI haben Philipp Keßling, Dr. Felix Victor Münch, Dr. Gregor Wiedemann und Mattes Ruckdeschel an dem Bericht mitgewirkt.

Der Forschungsbericht steht hier zum Download bereit.

Zentrale Erkenntnisse:

  • Semantische Ähnlichkeit mit Mis- oder Desinformationsnarrativen und die Präsenz von Rechtsaußen-Akteur*innen in Posting-Clustern sind effektive Indikatoren, um Mis- und Desinformation in großen Datensätzen zu identifizieren.
  • Twitter/X und Telegram sind wichtige Plattformen für klimabezogene Mis- und Desinformation, während Instagram eher unterrepräsentiert ist.
  • Privatpersonen, pseudonyme Accounts und Accounts, die vor allem die Inhalte anderer Accounts teilen, sowie parteipolitische Accounts sind für einen Großteil der als Mis- oder Desinformation eingeordneten Posts verantwortlich.
  • Es werden sowohl etablierte als auch alternative Medien als Quellen genutzt: Neben rechtsalternativen Medien wie „Tichys Einblick” und „Junge Freiheit” werden auch Verlinkungen zu anderen Beiträgen auf Social-Media-Plattformen verwendet sowie zu liberal-konservativ positionierten Tageszeitungen wie „Die Welt“.
  • Persönliche Angriffe und Verzögerungsnarrative dominieren die Erzählungen und werden häufiger genutzt als Klimawandelleugnung und Klimaskepsis.
    Diskussionen zur Klimawandel und Klimaschutz fungieren als Ansatzpunkt für eine weiterreichende Systemkritik durch Rechtsaußen.

Methodisch wurde in diesem Forschungsbericht ein Ansatz entwickelt, der die Verbindungen und Interaktionen zwischen verschiedenen Plattformen berücksichtigt, um klimabezogene Des- und Misinformationsnarrative zu identifizieren und zu analysieren. Dafür sind zwischen 2019 und 2023 auf Basis von klimabezogenen Stichworten 3,3 Millionen Postings von Telegram, Instagram, Facebook und X (ehemals Twitter) gesammelt- und mithilfe von Methoden der natürlichen Sprachverarbeitung, Sprachmodellen, daraus erstellten Ähnlichkeitsnetzwerken und hierarchischen Clustern weiterverarbeitet worden.

Auf Basis von vier technischen Indikatoren – der semantischen Ähnlichkeit mit bekannten Mis- und Desinformationsnarrativen, der Präsenz von Rechtsaußen-Akteur*innen innerhalb der Posting-Cluster, dem Anteil von Telegram-Postings innerhalb der Posting-Cluster sowie einer zufällig ausgewählten Stichprobe – wurden 38 Cluster mit 1.484 Postings für die weitere quantitative Analyse ausgewählt. 19 Posting-Cluster sind außerdem qualitativ in Bezug auf die verwendeten Narrative analysiert worden.

Der Bericht liefert wertvolle Einblicke in die Mechanismen „Destruktiver Diskurse“ von klimabezogener Online-Kommunikation. So werden beispielsweise prominente Akteur*innen, genutzte Quellen und Narrative analysiert, die die Verbreitung von klimabezogener Mis- und Desinformation befeuern.

Überblick

Erscheinungsdatum

24.04.2025

Art der Publikation

  • sonstige Publikation

Projektbezug:

Die Rolle von Prominenten in Desinformations­kampagnen

Forschungsprogramm:

Media Research Methods Lab

Beteiligte Personen:

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