Das Arbeitspapier von Valerie Rhein, Dr. Stephan Dreyer und Prof. Dr. Wolfgang Schulz stellt die derzeitige Rechtslage für softwarebasierte Angebote öffentlich-rechtlicher Medienanbieter in Deutschland dar. Herausgearbeitet werden konkrete rechtliche Anforderungen an die Softwaregestaltung.Das zugrunde liegende interdisziplinäre Projekt „Coding Public Value: Gemeinwohlorientierte Software für öffentlich-rechtliche Medienplattformen“ untersucht die Möglichkeit, Medienpolitik mithilfe der Entwicklung von Software zu gestalten.
Zum Download: Rhein, Valerie; Dreyer, Stephan; Schulz, Wolfgang (2021): Rechtliche Vorgaben für die Gestaltung von Software öffentlich-rechtlicher Medienplattformen. Gesetzliche und verfassungsrechtliche Programmaufträge und deren Abbildbarkeit in Strukturen, Verfahren und Code. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut, Mai 2021 (Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts | Projektergebnisse Nr. 56), ISSN 1435- 160-0, ISBN 978-3-87296-168-6, DOI: https://doi.org/10.21241/ssoar.73198
Medienanbieter bieten neben den klassischen Radio- und Fernsehprogrammen wie viele anderen privatrechtlich organisierten Medienunternehmen auch mediale Angebote im Internet an. Von den privaten Onlineangeboten unterscheiden sich die öffentlich-rechtlichen Angebote vor allem dadurch, dass die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Anbieter in einem Rahmen aus rechtlichen Vorgaben entstehen, das neben den allgemein gültigen medienordnungsrechtlichen Vorgaben für journalistisch-redaktionelle Angebote im Netz in diesen Fällen zusätzlich von gesetzlichen Vorschriften umhegt ist, die die öffentlich-rechtlichen Anstalten mit bestimmten medialen Angeboten beauftragen und prozedurale sowie erbringungsbezogene Vorgaben für diese Angebote machen.
Der klassische gesetzliche Programmauftrag an öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten hat sich in den letzten Jahren erweitert zu einem medienübergreifenden Funktionsauftrag öffentlich-rechtlicher Medienanbieter, den diese im Rahmen von gesetzlich vorgezeichneten Verfahren interpretieren, konkretisieren und in Medienangebote umsetzen. Vor allem im Bereich von nicht-linearen Angeboten im Internet, bei denen die Nutzenden die Auswahl aus einer großen Fülle von eingestellten Inhalten haben und teils auch selbst in Form interaktiver Angebote Inhalte oder Äußerungen in die Angebote einstellen, besteht die öffentlich-rechtliche Angebotserbringung nicht nur aus der Produktion der Medieninhalte selbst, sondern auch aus der Schaffung von softwarebasierten Plattformen, über die diese Inhalte zugänglich und auffindbar gemacht werden. Dadurch rücken die Auswahl, Programmierung und Gestaltung dieser Softwaresysteme zunehmend in den Blick öffentlicher Mediendiskurse.
Im Rahmen des vom Bayerischen Institut für Digitale Transformation (bidt) geförderten Projekts „Coding Public Value: Gemeinwohlorientierte Software für öffentlich-rechtliche Medienplattformen“ untersucht ein Projektteam aus interdisziplinärer Perspektive, wie rechtliche, politische und nutzerorientierte Anforderungen an die Software öffentlich-rechtlicher Medienanbieter in Software – mit einem Fokus auf Content Management-Systeme, Recommender Engines und Filter – umgesetzt werden können. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, welche institutionellen, politischen und organisatorischen Voraussetzungen bestehen, um solche Medienplattformen auf Grundlage eines gemeinwohlorientierten Software Engineerings zu betreiben. Das Projekt verbindet Wissenschafts- und Technikwissenschaften, Medien- und Kommunikationsforschung, Rechtswissenschaften und empirisches Software Engineering in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit.
Ziel dieses Arbeitspapiers ist die Darstellung der derzeitigen Rechtslage für softwarebasierte Angebote öffentlich-rechtlicher Medienanbieter in Deutschland und die Herausarbeitung konkreter rechtlicher Anforderungen an die Softwaregestaltung. Neben möglichen materiell-rechtlichen Vorgaben an die Software selbst (in Form von Software Requirements) spielt dabei auch die Frage eine zentrale Rolle, welche konkreten Akteure für die Konkretisierung von teils unbestimmten oder zielorientierten rechtlichen Vorgaben verantwortlich sind und inwieweit die Anforderungen sich auf bestimmte Verfahrensabläufe beziehen. So zeigt die Untersuchung die rechtlichen Aufträge und ihre (Selbst-)Konkretisierungen und deren Abbildbarkeit in Organisationsstrukturen, Gestaltungsverfahren und Software Engineering auf. Dazu ordnet die Untersuchung den „Public Value“-Begriff zunächst rechtlich ein (Kap. 2.), arbeitet die bestehenden gesetzlichen auftragsbezogenen Vorgaben auf (Kap. 3) und untersucht, inwieweit diese sich auf die Ebene der Softwaregestaltung durchschlagen (Kap. 4).