In Australien tritt am 10. Dezember 2025 ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige in Kraft. Auch in Deutschland wird über ein solches Verbot diskutiert. Aber wäre so ein Verbot rechtlich möglich und wäre es überhaupt sinnvoll? Dr. Stephan Dreyer und Kira Thiel erläutern, welche Hürden und Gefahren mit einem Totalverbot verbunden wären und zeigen Alternativen zu einem Verbot auf.
Stephan Dreyer weist in der Podcastfolge darauf hin, dass ein solches Totalverbot Grundrechtsfragen aufwerfe. Es greife nicht nur in die Rechte der Jugendlichen, sondern auch in die Rechte der Erziehenden und die Rechte der Plattformanbieter ein. Zudem könne es kontraproduktiv wirken: Jugendliche, denen es gelänge, sich dennoch einen Account anzulegen, würden belastende Situationen womöglich verschweigen, da sie wissen, dass sie etwas Verbotenes getan haben.
Kira Thiel macht deutlich, dass Pauschalaussagen zu Social Media nicht zielführend seien. Social Media könne für Jugendliche belastend sein – etwa durch verletzende Kommentare, problematische Vergleiche oder Cybermobbing. Dabei seien Jugendliche jedoch sehr unterschiedlich anfällig: „Nicht alles finden alle belastend, aber es gibt eben Dinge, die für bestimmte Jugendliche belastend sind.“ Viele Jugendliche entwickelten auch eigene Coping-Strategien, um mit belastenden Situationen umzugehen, indem sie blockieren, melden oder Unterstützung bei Eltern und Freund*innen suchen.
Gleichzeitig dürften auch die positiven Funktionen von Social Media nicht übersehen werden, etwa für Jugendliche aus marginalisierten Gruppen, die dort Anschluss und Repräsentation finden. Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe, welches auch soziale Medien umfasst, betont Kira Thiel.
Beide Forschenden betonen, dass ein pauschales Verbot kein geeignetes Mittel ist. Sinnvoller seien altersgerechte Plattformgestaltung, differenzierte Regelungen und eine Begleitung durch Eltern und Schulen, so Stephan Dreyer. Kira Thiel ergänzt: „Medienkompetenz ist kein Schalter, der mit dem 16. Geburtstag umgelegt wird. Es ist ein Lernprozess.“
Quellen, die in der Folge erwähnt werden:
- Age Assurance Technology Trial – australische Analyse der technischen Möglichkeiten digitaler Altersfeststellungsverfahren
- Jugendmedienschutz-Index 2022
- Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu Social-Media-Verboten
- Kurze Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu den rechtlichen Möglichkeiten eines Social-Media-Verbots
- Ergebnisse des Projekts „SIKID – Sicherheit für Kinder in der digitalen Welt“
- Ergebnisse des Projekts EU Kids Online: https://leibniz-hbi.de/hbi-projects/eu-kids-online/ sowie https://leibniz-hbi-de.b-cdn.net/wp-content/uploads/2025/01/EUKO_Bericht_DE_190917_EU-Kids-Online-Online-Erfahrungen-9-bis-17-Jaehrige.pdf
- Studie zur Nutzung sozialer Medien und ihrer Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen