Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Nachrichtenrepertoires der Bevölkerung. Über Kontinuität und Wandel von Nutzungsverhalten und Vertrauen

Auf Basis der für Deutschland erhobenen Daten des Reuters Institute Digital News Surveys für 2018 bis 2024 haben Dr. Sascha Hölig, Hannah Immler und Nina Nevermann untersucht, wie sich die Verteilung von Nachrichtenrepertoires von Onlinern in diesem Zeitraum entwickelt hat.

In der öffentlichen Debatte sind Fragen zum Stellenwert von Nachrichten, dem ihnen entgegengebrachten Vertrauen und ihre Rolle im Kontext Sozialer Medien häufig thematisierte Diskussionspunkte. Stichworte wie steigende Nachrichtenmüdigkeit, sinkendes Vertrauen oder wachsende Dominanz Sozialer Medien sind regelrechte „Dauerbrenner“ geworden. Oft sind Social-Media Kommentare zum Thema öffentlich-rechtliche Nachrichten ausgesprochen kritisch und beruhen auf individuellen Eindrücken und Gefühlen. Dies ist Anlass, sich empirisch mit der längerfristigen Betrachtung der Nachrichtennutzung auseinanderzusetzen und einen tiefergehenden Blick in die Entwicklungen von 2018 bis 2024 zu werfen. Der Fokus liegt auf der Rolle öffentlich-rechtlicher Nachrichtenangebote in den Nachrichtenrepertoires der Bevölkerung – also die individuell spezifische Kombination aus wöchentlich verwendeten Nachrichtenmarken. Zudem wird die Entwicklung mit Blick auf Vertrauen, die Nutzung Sozialer Medien und das Partizipationsverhalten im Internet nachgezeichnet.

Nachrichtenrepertoires mit besonderem Fokus auf öffentlich-rechtliche Angebote

Ein Nachrichtenrepertoire stellt die Kombination der wöchentlich – on- und offline – verwendeten Nachrichtenmarken dar. Im Kontext der Studie wurden vier Nachrichtenrepertoires identifiziert. Hierfür wurde zunächst zwischen erwachsenen Onlinern unterschieden, die regelmäßig öffentlich-rechtliche Angebote nutzen bzw. denen, die dies nicht tun. Zusätzlich wurde in beiden Gruppen jeweils zwischen Menschen mit einem breiten Repertoire (mindestens fünf genutzte Quellen) und mit einem schmalen Repertoire (bis zu zwei Nachrichtenquellen) weiter ausdifferenziert.

Entwicklung hin zu schmaleren Nachrichtenrepertoires – Nachrichteninteresse lässt nach

Die Langzeitbetrachtung offenbart, dass es einen Trend hin zur Nutzung schmalerer Nachrichtenrepertoires gibt. Im Jahr 2018 griffen insgesamt 43 Prozent der Befragten auf ein breites Nachrichtenrepertoire und 33 Prozent auf ein schmales zurück. Im Jahr 2024 hatte sich das Bild umgekehrt – nur noch 29 Prozent nutzten eines der beiden breiten Nachrichtenrepertoire, 46 Prozent eines der schmalen Gegenstücke.
Das abgefragte allgemeine Nachrichteninteresse ist in den betrachteten sieben Jahren in den vier Nachrichtenrepertoires wie auch bei der Gesamtheit der Befragten tendenziell zurückgegangen.

Nutzung öffentlich-rechtlicher Angebote stärkt Vertrauen in Nachrichten

Die Studienergebnisse zeigen, dass Menschen, die öffentlich-rechtliche Angebote regelmäßig nutzen, allgemein Nachrichten stärker vertrauen. Auch die Angebote von „Tagesschau“ und „heute“ weisen in dieser Gruppe etwas überdurchschnittliche Vertrauenswerte auf. Die Ergebnisse lassen außerdem erkennen, dass auch diejenigen, bei denen sich keine öffentlich-rechtlichen Nachrichten in ihrem Repertoire befinden, den Wahrheitsgehalt der Inhalte von „Tagesschau“ und „heute“ nicht grundsätzlich explizit in Frage stellen. Bei der Frage nach der Vertrauenswürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Nachrichten bewegen sich die Mittelwerte in dieser Gruppen im Laufe der sieben untersuchten Jahre um den Skalenmittelpunkt, was dem Autor und den Autorinnen zufolge eher auf eine ambivalente Einschätzung der öffentlich-rechtlichen Nachrichten hinweist, denn auf pauschale Ablehnung.

Menschen mit breitem Nachrichtenrepertoire nutzen auch überdurchschnittlich oft Soziale Medien als Informationsquelle

Beim Blick auf die Nachrichtennutzung im Internet und den Sozialen Medien zeigt sich, dass Online-Nutzerinnen und -Nutzer, die bereits generell ein großes Nachrichteninteresse haben und ein breites Spektrum an Quellen nutzen, am ehesten auch zusätzlich über die Sozialen Medien Nachrichten konsumieren. Menschen mit einem breitem Nachrichtenrepertoire kommentierten und liketen auch eher Beiträge im Internet als solche mit schmalem Repertoire. Ein Zusammenhang zwischen der Nutzung öffentlich-rechtlicher Nachrichten und der Nutzung oder Nicht-Nutzung von Nachrichten in Sozialen Medien lässt sich hingegen nicht feststellen.

Überblick

Erscheinungsdatum

21.05.2025

Art der Publikation

  • Sonstiges

Projektbezug:

Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Reuters Institute Digital News Report

Mediennutzung und gesellschaftlicher Zusammenhalt

Beteiligte Personen:

Newsletter

Infos über aktuelle Projekte, Veranstaltungen und Publikationen des Instituts.

Jetzt abonnieren