Wir feiern 75 Jahre Medienforschung!

Mit zahlreichen Gästen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Medien haben wir am 17. und 18. Juni 2025 das 75-jährige Jubiläum des Hans-Bredow-Instituts (HBI) gefeiert. Seit 1950 erforscht das Institut die Entwicklung medialer Kommunikation und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft – interdisziplinär, praxisnah und mit Blick auf die demokratischen Grundlagen öffentlicher Kommunikation.

Festlicher Auftakt mit einem Senatsempfang im Hamburger Rathaus

Den feierlichen Auftakt bildete ein Empfang im Hamburger Rathaus, zu dem Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal eingeladen hatte. Die Vertreter der Gründungsinstitutionen, der Präsident der Universität Hamburg Prof. Dr. Hauke Heekeren und NDR-Intendant Joachim Knuth, sowie die Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft Prof. Dr. Martina Brockmeier würdigten die Entwicklung des Instituts – von seiner Gründung 1950 bis hin zur heutigen Rolle als eines der führenden europäischen Zentren für interdisziplinäre Medienforschung. Diemut Roether (epd medien) moderierte den Abend.

Blick über das zahlreiche Publikum auf die Bühne des Festsaals im Hamburger Rathaus

Blick von der Bühne des pompösen Festsaals auf das Publikum

Gruppenbild der Redner*innen Joachim Knuth, Wolfgang Schulz, Maryam Blumenthal, Hauke Heekeren, Martina Brockmeier, Diemut Roether
Gruppenbild der Redner*innen Joachim Knuth, Wolfgang Schulz, Maryam Blumenthal, Hauke Heekeren, Martina Brockmeier, Diemut Roether

Alle Redner*innen betonten die weiter zunehmende gesellschaftliche Bedeutung unabhängiger Medienforschung. Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal: „Hamburg ist stolz auf das Hans-Bredow-Institut und seine einzigartige Erfolgsgeschichte. Denn hier wird an Themen gearbeitet, die für die Zukunft unserer Demokratie von ganz entscheidender Bedeutung sind – gerade in einer Zeit, in der Algorithmen, Echokammern und Desinformation zu einer immer größeren Herausforderung werden. Die strategische Erweiterung des Instituts um den Bereich der Informatik ist daher ein wichtiger Schritt nach vorn für den Wissenschaftsstandort Hamburg und die Medienwissenschaft in Deutschland insgesamt. Das Hans-Bredow-Institut arbeitet am Puls der Zeit und lebt vor, was Wissenschaft in Hamburg so stark macht: Interdisziplinarität, Praxisnähe und gesellschaftliche Verantwortung.“

Zur Pressemitteilung der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke

Wissenschaftliche Fachtagung: Wozu Medienforschung?

Am Folgetag lud das HBI zur wissenschaftlichen Fachveranstaltung in das NDR-Konferenzzentrum in Hamburg Lokstedt. Unter dem Titel „Wozu Medienforschung? Wie sich das Fach und seine Aufgabe für die Gesellschaft wandeln“ diskutierten Expert*innen aus verschiedenen Disziplinen zentrale Herausforderungen und Zukunftsperspektiven einer sich wandelnden Mediengesellschaft.

Hamburgs Senator für Kultur und Medien Dr. Carsten Brosda forderte in seiner Eröffnungsrede eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie Kommunikation heute funktioniert – und wie sie gestaltet werden sollte. Er kritisierte, dass der öffentliche Diskurs in sozialen Netzwerken zunehmend in einem ökonomisch vermachteten System stattfinde, in dem eine beliebige Meinungsäußerung neben langjähriger Forschung gleichwertig erscheine. Brosda warnte davor, sich allein von der Logik der Aufmerksamkeitsökonomie treiben zu lassen, und plädierte für eine stärkere gesellschaftliche Reflexion über die Grundlagen demokratischer Kommunikation. In dieser Debatte spiele die Beratungsfähigkeit unabhängiger Forschungseinrichtungen wie des HBI eine zentrale Rolle.

Mediensenator Carsten Brosda am Rednerpult
Dr. Carsten Brosda

Wie verändern sich die zentralen Schlüsselbegriffe und was bedeutet das für unsere Forschung?

Anschließend wurden grundlegende Fragen der Medienforschung aufgegriffen: Wie verändern sich die zentralen Schlüsselbegriffe Kommunikation, Medien und Normen?

Dr. Lisa Merten (HBI) und Prof. Dr. Chris Biemann (Universität Hamburg) näherten sich der Bedeutung und Modellierung von Kommunikation aus sozialwissenschaftlicher und informatischer Perspektive im zeitlichen Verlauf. Anschaulich demonstrierten sie, dass die Automatisierung mit künstlicher Intelligenz herkömmliche Kommunikationsmodelle infrage stellen und stellten selbst die Frage: „Ist die KI Werkzeug, Gesprächspartner*in oder doch nur ein besonders eloquenter Papagei? Und, mit wie viel Maschine ist es überhaupt noch Kommunikation?“

Zum Schlüsselbegriff Medien betonten Prof. Dr. Barbara Hans (Hochschule für Musik und Theater Hamburg) und Prof. Dr. Christoph Neuberger (Weizenbaum Institut / Freie Universität Berlin), dass der Journalismus in der digitalen Öffentlichkeit zwar sein Monopol verloren, jedoch keineswegs seine gesellschaftliche Relevanz eingebüßt habe. Die Massenmedien hätten ihre ordnungsstiftende Rolle durch die Plattformlogiken sozialer Netzwerke zunehmend verloren, in denen Inhalte weniger nach journalistischen Kriterien als nach algorithmischer Sichtbarkeit verbreitet werden. „Es kommt im Netz und durch das Netz zu einer Verflüssigung der Medienformate und der Nutzung“, so Hans. Dennoch habe der Journalismus eine zentrale Funktion als Kulturtechnik des Zweifelns und Prüfens.  Denn: „Eine resiliente Demokratie braucht resilienten Journalismus.“

Unter dem Begriff Normen reflektierten Prof. Dr. Natali Helberger (Universität Amsterdam) und Prof. Dr. Christiane Eilders (CAIS / Universität Düsseldorf), wie sich normative Erwartungen an Medienakteure, Plattformen und Nutzer*innen im Zuge digitaler Öffentlichkeit verschieben – und welche neuen Regulierungs- und Verantwortungsfragen sich daraus ergeben.

In einer interdisziplinären Diskussionsrunde unter der Moderation von Prof. Dr. Wolfgang Schulz sprachen Dr. Gregor Wiedemann (HBI), Prof. Dr. Michaela Pfadenhauer (Universität Wien) und Prof. Dr. Sascha Dickel (Universität Mainz), was die skizzierten Veränderungen für die medienbezogene Forschung bedeuten und welche Anforderungen an Theorie, Methoden und institutionelle Praxis damit einhergehen. Sie veranschaulichten dies am Beispiel der Arbeiten der DFG-Forschungsgruppe zur Automatisierung gesellschaftlicher Kommunikation, an dem das HBI mit mehreren Projekten beteiligt ist.

Die Referentinnen Lisa Merten, Natali Helberger, Wolfgang Schulz, Christiane Eilders, Barbara Hans, Greogor Wiedemann, Christian Neuberger, Chris Biemann und Michaela Pfadenhauser

Im zweiten Panel diskutierten Dr. Maximilian Müller-Härlin (BMFTR), PD Dr. Jan-Hinrik Schmidt (HBI/FGZ Hamburg), Eva Holtmannspötter (NDR Medienforschung) und Nicola Wessinghage (Kommunikationsberaterin) unter der Moderation von Korinna Hennig (NDR Info) über das Verhältnis zwischen Wissenschaft, Politik, Medien und Öffentlichkeit. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einfließen können. Ein zentraler Aspekt der Diskussion war die Notwendigkeit einer bewussten Positionierung zwischen Auftragsforschung, der Legitimation politischer Entscheidungen und einer rein akademischen Perspektive. Diese Rollen müssen immer wieder neu austariert werden. Gleichzeitig betonten die Gesprächsteilnehmer*innen, wie wichtig geschützte Räume des vertraulichen Austauschs sind – besonders dort, wo Unsicherheiten zugelassen und unterschiedliche Sichtweisen produktiv gemacht werden können. Ein gelingender Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft setzt voraus, dass beide Seiten die Arbeitsweisen, Inhalte und Kommunikationslogiken der jeweils anderen verstehen, so kann Beratung zur Schnittstelle gesellschaftlicher Verständigung werden.

Gesprächsrunde mit Jan-Hinrik Schmidt, Nicola Wessinghage, Maximilian Müller-Härlin, Eva Holtmannspötter und Korinna Hennig

Rückblick am Abend

Den Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten bildete ein Abendevent im NDR Rotherbaum. Die drei ehemaligen HBI-Direktoren Prof. Dr. Uwe Hasebrink, Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem und Prof. Dr. Otfried Jarren blickten auf die Geschichte des Instituts und ihre jeweilige Rolle als Institutsleiter zurück. Moderiert wurde das Podium von Dr. Hans-Ulrich Wagner. (HBI).

Live-Musik des brasilianischen Quartetts Projeto Mistur e Manda
Live-Musik des brasilianischen Quartetts Projeto Mistur e Manda
Wolfgang Hoffmann-Riem, Otfried Jarren, Uwe Hasebrink und Hans-Ulrich Wagner im Gespräch
Luftaballons von unserem Partnerinstitut HIIG
Luftballons von unserem Partnerinstitut HIIG

Ausblick & Dank

Das Jubiläum war nicht nur Anlass zum Rückblick, sondern auch zum Blick nach vorn: Mit der Bewilligung einer strategischen Erweiterung durch die Leibniz-Gemeinschaft wird das Hans-Bredow-Institut ab 2026 zusätzliche Mittel erhalten – und ab 2030 dauerhaft über einen verdoppelten Grundhaushalt verfügen. Diese langfristige Stärkung ermöglicht es dem Institut, die Informatik als gleichwertige disziplinäre Perspektive auszubauen und neue, agile Formate für den gesellschaftlichen Wissenstransfer zu entwickeln. Damit schafft das HBI die strukturellen Voraussetzungen, um auch künftig den medialen Wandel kritisch zu begleiten und Impulse für eine demokratische Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter zu setzen.

Wir danken allen Mitwirkenden, Gästen und Kooperationspartner*innen für ihre Beiträge, ihre spürbare Verbundenheit und die zahlreichen Glückwünsche. Insbesondere danken wir der Leibniz-Gemeinschaft, die uns 2019 so offen und freundlich in ihrer Gemeinschaft aufgenommen hat. Ein herzlicher Dank geht auch an die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung und die Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal als Gastgeberin des Senatsempfangs; an den NDR als Gastgeber der Fach- und der Abendveranstaltung; an die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung und an die Rudolf-Augstein-Stiftung für die finanzielle Unterstützung der Fachveranstaltung.

Veröffentlichungen zum Jubiläum

Fotos: Leibniz-Institut für Medienforschung / Jann Wilken

Letzte Aktualisierung: 27.06.2025

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