Wie geraten wissenschaftliche Erkenntnisse über journalistische Medien und Social Media in die Welt? Nach welchen Kriterien wählen Wissenschaftsredaktionen Themen aus, und welche Wirkung können wissenschaftliche Inhalte damit entfalten?
Im Rahmen eines Projektverbundes, der sich mit der Digitalisierung der Wissenschaft beschäftigt und mit rund 1,3 Millionen Euro vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird, erforscht das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) die Rolle von Wissenschaftskommunikation. Das Teilprojekt „MeWiKo – Medien und wissenschaftliche Kommunikation“ nimmt in den Blick, wie Wissenschaftskommunikation von Kommunikationsstellen und Presse die Reputation wissenschaftlicher Publikationen beeinflusst. Werden Aufsätze beispielsweise häufiger zitiert oder haben sie bessere Altmetrics, wenn sie in der Tagespresse erscheinen? Oder wirkt sich die Erwähnung in Populärmedien eher negativ auf den Einfluss aus? Partner dieses Projektes sind das Science Media Center, die Universität Kiel, das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) sowie das Institut für Angewandte Informatik der Universität Leipzig.
Themen des Verbundes insgesamt sind insbesondere vernetzte Infrastrukturen für Hochschulen, Altmetrics sowie die Anwendung von Methoden der künstlichen Intelligenz für Analysen komplexer Publikationsbestände.
Umgesetzt wird das am HBI angesiedelte Teilprojekt erstens über Ethnographien, d.h. teilnehmender Beobachtung der Arbeit einer Wissenschaftsredaktion sowie des Science Media Center (SMC). Zweitens wird eine standardisierte quantitative Befragung unter Wissenschaftsjournalist*innen in Deutschland durchgeführt. Drittens wird das HBI einen Workshop mit Wissenschaftsjournalist*innen durchführen, um Auswahlprozesse herauszuarbeiten und diese in Hinblick auf ihre eigene Rolle auf den Impact von wissenschaftlichen Arbeiten kritisch zu reflektieren. Diese methodischen Zugänge erlauben auch Einschätzungen darüber, welche Faktoren die Arbeit von Wissenschaftsjournalist*innen erleichtern oder erschweren, und durch welche Informationen seitens der Wissenschaft die Qualität wissenschaftsjournalistischer Auswahlprozesse verbessert werden könnte.
Ergebnisse
Im Juni 2021 veröffentlichte Irene Broer gemeinsam mit Co-Autorin Louisa Pröschel ein Arbeitspapier mit Ergebnissen der mehrmonatigen Feldforschung am Science Media Center Germany. Es ist als Nr. 57 in der Schriftenreihe „Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts“ zum Download erschienen. In BredowCast Episode 65 sprechen die Autorinnen über die Ergebnisse im Detail.
In einer Sonderausgabe des Journal of Science Communication, die sich ausschließlich mit der Kommunikation im Zusammenhang mit COVID-19 befasste, schrieb Irene Broer außerdem über die interredaktionelle Reaktion des Science Media Center Germany (SMC) auf den Ausbruch der Pandemie.
Projektbeschreibung
Ethnographische Redaktionsstudien
Das HBI untersucht die wissenschaftsjournalistische Arbeit mit Hilfe der Methode der Redaktionsethnographie („newsroom ethnography“). Dabei werden die Arbeitsprozesse in einer Wissenschaftsredaktion sowie beim Science Media Center (SMC) über einen mehrwöchigen Zeitraum systematisch beobachtet, dokumentiert und qualitativ eingeordnet. Die beobachtenden Forscher*innen führen ein Tagebuch über ihre Beobachtungen, welches auch subjektive Eindrücke und Einschätzungen enthält. Im besonderen Fokus der Beobachtung stehen die Auswahlprozesse der Redakteure, also welches Material als wissenschaftsjournalistisch relevant eingestuft wird.
Befragung von Wissenschaftsjournalist*innen zu redaktionellen Auswahlprozessen
Im Fokus der Befragungen stehen werden neben der Bandbreite der genutzten Kanäle für die Auswahl von Inhalten besonders die Kriterien, die für den Auswahlprozess explizit eine Rolle spielen und welche Faktoren sie den klassischen journalistischen Nachrichtenwert mit ressortspezifischen Anforderungen kombinieren.
Workshop mit Wissenschaftsjournalist*innen
Das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut führt einen Workshop mit Wissenschaftsjournalist*innen und Forscher*innen auf dem Gebiet Wissenschaftskommunikation durch. Ziel dieses Workshops ist neben dem fachlichen Austausch ein Dialog über die wechselseitigen Erwartungen von Wissenschaftler*innen und Journalist*innen, und über kommunikative Missverständnisse, die zwischen beiden Seiten mitunter bestehen.