Nach einem erfolgreichen Testbetrieb in Bremen erforscht ein Wissenschaftsteam, wie die Lokalnachrichten- und Info-App „molo.news“ bundesweit verfügbar gemacht werden kann. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit 1,5 Mio.Euro.
Lokale Nachrichten, News und Events von Vereinen oder Kulturveranstaltungen – all das finden Interessierte in der App molo.news. Forschende der Universitäten Bremen und Leipzig sowie des Leibniz-Instituts für Medienforschung haben sie zunächst für die Region Bremen entwickelt und getestet. Bis 2026 erforschen sie, wie die App bundesweit verfügbar gemacht werden kann. Dafür erhalten sie eine Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Im Rahmen des Programms VIP+ („Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“).
Individuelle Nachrichten von Medienhäusern, Vereinen oder Bildungseinrichtungen
molo.news ist eine kostenlose lokale Nachrichten- und Event-Plattform, die man über eine App für iOS und Android nutzen kann. Neben den Inhalten diverser regionaler Medienhäuser finden Nutzer*innen hier auch News und Events von anderen Einrichtungen und Kollektiven, wie etwa Bildungseinrichtungen, lokal ansässigen Vereinen, sozialen Bewegungen oder Kulturveranstalter*innen. Im Newsfeed sowie im Eventkalender der App können sich die Nutzenden die Informationen an die eigenen Interessen angepasst anzeigen lassen, ohne in sogenannten Filterblasen zu landen. molo.news ist datensparsam und sammelt keine Informationen der Nutzer*innen.Die der Plattform zugehörige App wurde zwischen 2017 und 2019 von drei Forschungseinrichtungen gemeinsam entwickelt: dem Leibniz-Institut für Medienforschung │ Hans-Bredow-Institut (HBI), dem Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib) und dem Zentrum für Medien- Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Universität Bremen. Besonders war dabei der Co-Creation-Ansatz: Die Plattform wurde gemeinsam mit Journalist*innen, Mitgliedern von Vereinen, Initiativen und öffentlichen Einrichtungen aufgesetzt.
Testung in sechs deutschen Städten
„Nach dem erfolgreichen Start eines Testbestriebs von molo.news in Bremen und Umgebung – mit über 2.700 Nutzer*innen – wird nun getestet, wie die Plattform weiter zu entwickeln ist, um einen bundesweiten Start zu ermöglichen“, so der Projektleiter Professor Andreas Hepp (ZeMKI, Universität Bremen). Gemeinsam mit Professor Christian Pentzold (Universität Leipzig) und Professorin Wiebke Loosen (Leibniz-Institut für Medienforschung │ Hans-Bredow-Institut in Hamburg) wird er bis 2026 erforschen, wie sich das Konzept von molo.news auf andere Regionen übertragen lässt. Die speziell für Bremen entwickelte Plattform wird dazu in sechs deutschen Groß-, Mittel- und Kleinstädten getestet und überarbeitet. „Leipzig mit seiner vielfältigen Zivilgesellschaft und Medienlandschaft ist ein idealer Ort, um das Angebot von molo.news auszuprobieren“, erklärt Christian Pentzold. Das mit Projekt hat auch zum Ziel, ein nachhaltiges Geschäftsmodell für den langfristigen Betrieb der Plattform zu entwickeln. Ebenso werden Einnahmemöglichkeiten für freischaffende Journalist*innen validiert. Unterstützt wird das Projekt von verschiedenen Medienorganisationen und Expert*innen für einen gemeinwohlorientierten Journalismus.
Projektbeschreibung
Gemeinsam neue Wege gehen – das ist der Grundgedanke von molo.news. Ausgehend von empirischen Forschungsergebnissen und allgemeinen Problembeschreibungen wurden am Beispiel der Region Bremen Nutzer*innen und Anbieter*innen von lokalen und regionalen Informationen mit ihren Wünschen an eine die Öffentlichkeit fördernde lokale Kommunikationsumgebung in die Entwicklung der relationalen Informationsplattform für Stadtöffentlichkeit einbezogen.
Die Plattform molo.news erreicht ihr Publikum über eine Smartphone-App, in der Inhalte unterschiedlicher, für die lokale Öffentlichkeit relevanter professioneller und nichtprofessioneller Anbieter*innen in einem einheitlichen Nachrichten-Feed zusammenfließen. Dafür wird molo.news von der Fachwelt bereits als „Best Practice“ und „praxisnahe Innovationsentwicklung“ für Stadtöffentlichkeit bewertet.
Das Validierungsprojekt greift die Grundlagenforschung zu Stadtöffentlichkeit und das „proof of concept“ der zunächst für die Stadt Bremen und ihre Umgebung entwickelten experimentellen Plattform molo.news auf und validiert deren bundesweite Skalierbarkeit anhand von jeweils einer Groß-, Mittel- und Kleinstadt in Westdeutschland (Bremen, Delmenhorst und Bremervörde) und Ostdeutschland (Leipzig, Markkleeberg und Großpösna).
Entwicklung in „Co-Creation“
molo.news ist in „Co-Creation“ entstanden, d.h. viele Menschen aus Bremen und Umgebung haben an der Entstehung von molo.news mitgewirkt. Neben potenziellen Nutzer*innen waren dies Journalist*innen sowie Vertreter*innen lokaler Kollektive, also z.B. von Sportvereinen, sozialen Bewegungen und Kultureinrichtungen. molo.news möchte nicht nur die wichtigsten Meldungen regionaler Medien abbilden, sondern auch kleineren Kollektiven, also lokal ansässigen Vereinen, sozialen Bewegungen, Bürger*inneninitiativen und vielen anderen Gruppen, zu mehr Sichtbarkeit verhelfen. Molo.news verschafft den Bürger*innen auf diese Weise einen besseren Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe in der Umgebung und leistet einen Beitrag für eine bessere gemeinsame Stadtöffentlichkeit.
Das Validierungsprojekt strebt auf dieser Grundlage den Aufbau einer deutschlandweit verfügbaren Plattform für Stadtöffentlichkeit an. Als soziale Innovation soll molo.news in Zukunft in diversen Regionen insbesondere solche Menschen adressieren, die von klassischen lokaljournalistischen Angeboten nicht mehr bzw. ungenügend erreicht werden (z. B. junge Menschen oder Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen). Durch ihre Relationalität – d. h. dem Zusammenbringen verschiedener für die Stadtöffentlichkeit relevanter Akteure – soll sie in ihrer Meinungs- und Perspektivenvielfalt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt beitragen.
Angesichts der in vielen (Klein- und Mittel-)Städten bestehenden wirtschaftlichen Krise des Lokaljournalismus soll die Plattform zusätzlich die Möglichkeit einer Monetarisierung der Arbeit für freischaffende Journalist*innen bieten. Dabei stärkt sie etablierte Medienangebote, indem ihnen im Rahmen des relationalen Ansatzes unter Beteiligung möglichst vielfältiger Anbieter*innen neue Kreise von Nutzer*innen über Verlinkung auf deren Angebote zugeführt werden. Bisherige Angebote am Markt sind entweder allgemeine Nachrichtenaggregatoren (z. B. Apple News, Google News) – ohne spezifische Ausrichtung auf ein Gemeinwesen und ohne Einnahmemöglichkeiten für Journalist*innen – oder Veranstaltungs-, Event- und Social-Media- Plattformen ohne speziellen lokalen Fokus auf Stadtöffentlichkeit.
Wie unsere Forschung zeigt, wird die von den Nutzer*innen gewünschte Relationalität auf solchen Plattformen nicht hergestellt. Die Notwendigkeit einer relationalen Plattform für Stadtöffentlichkeit zeigt sich – gerade auch während der Corona-Pandemie – in der in vielen deutschen Städten bestehenden Schwierigkeit, über verschiedene relevante Akteursgruppen hinweg einen Diskurs zu etablieren. Die Realisierung einer solchen relationalen Plattform hat insofern ein hohes Risiko, als dass
- der Aufbau einer „Sozialarchitektur“ für eine solche Plattform in verschiedenen städtischen Kontexten erst noch getestet werden muss und
- die „Software-Architektur“ im Hinblick auf weitreichendere Automatisierung, Weiterentwicklung des Interfaces und Integration von Monetarisierungsmöglichkeiten für freischaffende Journalist:innen erst noch zu validieren ist.
Es ist nicht davon auszugehen, dass in der Stadtöffentlichkeit bereits aktive Akteur*innen dies leisten können, weil 1.) Lokalmedien kein vordergründiges Interesse an einer von der eigenen „Marke“ abstrahierenden, gemeinwohlorientierten Entwicklungsaufgabe haben und ihren wirtschaftlichen Interessen verhaftet bleiben, weil 2.) frei arbeitende Lokaljournalist*innen, Non-Profit-Journalismus, Vereine und andere Kollektive dazu nicht die Ressourcen haben und weil 3.) etablierte öffentlichrechtliche Anbieter bzw. staatliche Institutionen sich an einer solchen Plattform zwar beteiligen mögen, sie aber aus rechtlichen Gründen nicht anbieten können.