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Geschichte als Waffe: Wie wird mit dem Meinungskampf in Kommentaren umgegangen?

Geschichte als Waffe: Wie wird mit dem Meinungskampf in Kommentaren umgegangen?

06.01.2022

Der Instagram-Account "@ichbinsophiescholl" bietet User*innen Raum, sich mit der NS-Geschichte auseinanderzusetzen. Auch geschichtsrevisionistische und „alternative“ Deutungen finden sich unter den Kommentaren. Daria Chepurko zeigt, welchen Balanceakt das für die Redaktion bedeutet.
 
Dieser Beitrag ist der fünfte von sechs Teilen des Dossiers „Sophie Scholl auf Instagram: Eine kommunikations- und geschichtswissenschaftliche Untersuchung“. Eine Literaturliste zum gesamten Dossier finden Sie hier.
 
Geschichte ist grundsätzlich offen für Deutungen. Das macht aus ihr mitunter eine „Waffe“ (Wolfrum 2001). Gerade für die politische Rechte wird Geschichte zunehmend ein zentrales Politikfeld. Sie nutzt Geschichte sowohl als „identitäts- und gemeinschaftsstiftende Ressource“, die nach innen gerichtet ist und zur Abgrenzung der eigenen Gruppe dient, als auch als Mobilisierungsmittel, um neue Anhänger anzuziehen (Langebach & Sturm 2015). Projekte wie „@ichbinsophiescholl“ bieten deshalb User*innen die Möglichkeit, sich zu NS-geschichtlichen Themen zu äußern, auch um das Publikum auf revisionistische Interpretationen des Vergangenen aufmerksam zu machen. Ins Blickfeld sollen deshalb Äußerungen geraten, die 'alternative' historische Deutungen einbringen.
 
Nehmen wir als Beispiel den am 7.9.2021 veröffentlichten Post (44.695 Likes, 5.1.2022). Ein historisches Foto zeigt eine zerstörte Straßenbahn und Trümmer. Im Text heißt es: „Das ist München nach dem Bombenangriff. Ich finde dafür keine Worte“. Unter den insgesamt 242 Kommentaren finden sich derzeit vier Äußerungen, die als geschichtsrevisionistisch einzustufen sind (manche als Reaktion auf die anderen Kommentare). Sie weisen allesamt ähnliche Argumentationen auf. So thematisieren sie die Schuld der Alliierten und stellen die Deutschen als Opfer des Zweiten Weltkrieges dar.
 
 
Interessant ist, wie sich die Redaktion dazu verhält. Von vier Kommentaren, die solche Gedanken enthalten, wurde nur einer von der Redaktion ausführlich beantwortet. So äußerte sich ein/e User*in: „Nicht nur Nazis haben Deutschland zerbombt,sondern die Alliierten!!! Vorallem [sic!] die Briten!!!! DAS darf nicht vergessen werden“. Zwei weitere User*innen haben darauf reagiert, den @ichbinsophiescholl-Account markiert und darauf bestanden, dass auf den Kommentar reagiert werde. Erst jetzt äußerte sich die Redaktion dazu: „[...] Wir zeigen die Subjektive von Sophie Scholl und können deshalb auf unserem Kanal nicht alle Aspekte des Zweiten Weltkriegs beleuchten. Wir bitten darum, zivile Kriegsopfer nicht zu Relativierungen zu missbrauchen. Außerdem möchten wir unsere Community dazu motivieren, sich über die Geschehnisse zu informieren. Sehr informativ ist zum Beispiel das Video “Der Bombenkrieg - Luftkrieg im Zweiten Weltkrieg” von Terra X [....]“ (Kommentar zum Post vom 7.9.2021). Andere geschichtsrevisionistische Kommentare, auf die User nicht reagiert haben, haben keine Antwort von der Redaktion erhalten, woraus sich zeigt, wie wichtig die Rolle der Nutzer für das Erkennen solcher Kommentare ist.
 
Das Problem, dass die Posts Raum für einen Meinungskampf bieten, wird gelegentlich von Nutzer*innen wahrgenommen und thematisiert. Nicht zu klären ist an dieser Stelle die Frage, ob User*innen in diesem Account heikle Themen vermeiden und erst gar keinen Anlass bieten möchten für derartige Interventionen. Wie schwierig es ist, dieser Möglichkeit zu begegnen, verdeutlicht ein Kommentar. In ihm wurde die Redaktion mit den Worten kritisiert: „auch wenn der Post aus dramaturgischen Gründen so geschrieben wurde, wie er geschrieben wurde: die Mär der deutschen Opferrolle befeuert man damit ganz gut“ (Kommentar zum Post vom 7.9.2021).

Titelbild zur Verfügung gestellt: Bayrischer Rundfunk (BR)
 
Literatur
  • Langebach, Martin; Sturm, Michael (2015): Erinnerungsorte der extremen Rechten. Zur Einleitung. In: Dies. (Hg.): Erinnerungsorte der extremen Rechten. Wiesbaden: Springer VS, 7-16.
  • Wolfrum, Edgar (2001): Geschichte als Waffe. Vom Kaiserreich bis zur Wiedervereinigung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

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